Gohl folgt auf July als evangelischer Landesbischof

Wechsel in Württemberg

Leitungswechsel bei der mit rund 1,9 Millionen Christen fünftgrößten evangelischen Landeskirche Deutschlands: Nach 17 Jahren als Landesbischof scheidet Frank Otfried July an diesem Sonntag aus. Ihm folgt Ernst-Wilhelm Gohl nach.

Autor/in:
Michael Jacquemain
Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl / © Bernd Weißbrod (dpa)
Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl / © Bernd Weißbrod ( dpa )

Gohl wurde am Sonntag mit einem feierlichen Gottesdienst in das Amt eingeführt.

Im Unterschied zu July, der 2005 im ersten Wahlgang gewählt wurde, brauchte die Synode im Frühjahr bei Gohl fünf Urnengänge. Grund ist die Zerrissenheit der Landeskirche: Zwei "Gesprächskreise" genannte Blöcke stehen sich gegenüber, die linksliberal orientierte "Offene Kirche" und die konservativ-pietistisch geprägte "Lebendige Gemeinde".

Lange Wahlprozedur

Gohl, von der kleineren, politisch in der Mitte stehenden Gruppe "Evangelium und Kirche" nominiert, zog zunächst zurück, nachdem er die wenigsten Stimmen der ursprünglich drei Kandidaten erhalten hatte.

Die notwendige Zweidrittel-Mehrheit lag aber für die Verbliebenen außer Reichweite, weil kein Block den anderen unterstützen wollte.

Daraufhin entschied das zuständige Gremium, die Wahl nach vier Versuchen zu unterbrechen - und nominierte für den Folgetag Gohl als einzigen Bewerber. Und diesmal klappte es: Er erhielt 57 von 84 Stimmen. Beschädigt durch die Prozedur sieht sich Gohl nicht.

Kontakte mit der katholischen Kirche

Der in Stuttgart geborene Pfarrerssohn wuchs in Esslingen und Mössingen auf. Das Studium absolvierte er in Tübingen, Bern und an der Fakultät der in Italien stark vertretenen Waldenser - also einer protestantischen Kirche, die älter ist als die der Lutheraner. Die ökumenischen Erfahrungen prägen ihn.

Er lernte in Rom sowohl "die innerevangelische Ökumene" als auch die Kontakte mit der katholischen Kirche zu schätzen. Und er weiß, wo heute die Grenzen des theologisch Möglichen sind. Entscheidend ist für ihn aber die Praxis vor Ort, das, "was Menschen in ihrem Leben konkret wahrnehmen können".

Württembergischer Landesbischof Frank Otfried July  / © KNA (KNA)
Württembergischer Landesbischof Frank Otfried July / © KNA ( KNA )

Auch sonst zeigt sich Gohl pragmatisch: Er will weg von innerkirchlichen Strukturdebatten, die er seit rund drei Jahrzehnten als Seelsorger in Böblingen, Plochingen und zuletzt als Dekan in Ulm kennt. Er will "endlich mal an einen Punkt kommen und Dinge umsetzen". Anders ausgedrückt: "sich einfach wieder um die Arbeit kümmern." Neu sei, dass jetzt "echte Entscheidungen" notwendig seien.

Die Finanzmittel und das Personal der Landeskirche seien endlich, eine Entscheidung für etwas bedeute gleichzeitig eine Entscheidung gegen etwas anderes.

Gohl weiß, dass er sich mit dieser Position unbeliebt machen kann, "aber dann ist das so". Notwendige Klärungen aus Angst vor Widerspruch herauszuschieben, mache alles nur schwieriger.

Kretschmann und Bischof Fürst zum Gottesdienst erwartet

Stattdessen will er "Menschen vertrauen und ihnen Freiräume verschaffen" - eine gute Fehlerkultur eingeschlossen. Zugleich wirbt Gohl für mehr "theologische Selbstvergewisserung". Dabei hat er viel Sympathie für den Grundsatz der Benediktinermönche: "ora et labora" (bete und arbeite). Gohl will "Gottesdienst feiern und im Alltag handeln".

Bischof Gebhard Fürst / © Julia Steinbrecht (KNA)
Bischof Gebhard Fürst / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Immer wieder wirbt der überzeugte Gemeindepfarrer für ein "fröhliches und zuversichtliches Christentum", und er will das selbst ausstrahlen. Für die neue Aufgabe als Bischof zeigt er sich dankbar, dass "der liebe Gott mir gute Nerven geschenkt hat". Mit seiner Frau, einer Apothekerin, zieht er in diesen Tagen nach Stuttgart um. Die beiden erwachsenen Kinder sind schon aus dem Haus, ihr drittes starb im Alter von drei Jahren bei einem Unfall.

Zum Gottesdienst in der Stuttgarter Stiftskirche werden unter anderen Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und der katholische Rottenburger Bischof Gebhard Fürst erwartet. Dabei wird der 68-jährige July seinem Nachfolger das Bischofskreuz überreichen. Eine gewisse Vorfreude auf das neue Amt ist bei dem 59-Jährigen indes schon jetzt spürbar.

Evangelische Kirche in Deutschland (EKD)

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) ist die Gemeinschaft der 20 evangelischen Landeskirchen in der Bundesrepublik. Wichtigste Leitungsgremien sind die EKD-Synode mit ihren Mitgliedern, die Kirchenkonferenz mit Vertretern der Landeskirchen sowie der aus ehrenamtlichen Mitgliedern bestehende Rat. Sitz des EKD-Kirchenamtes ist Hannover.

Synode der EKD / © Norbert Neetz (epd)
Synode der EKD / © Norbert Neetz ( epd )
Quelle:
KNA