Neuer katholischer Reformprozess Synodaler Weg eröffnet

"Glaubwürdigkeit ist absolut notwendig"

Mit Gottesdiensten in vielen großen Bischofskirchen ist am Sonntag ein neuer Reformdialog der katholischen Kirche in Deutschland eröffnet worden.

Kardinal Reinhard Marx, ZdK-Vizepräsidentin Karin Kortmann und ZdK-Präsident Thomas Sternberg stellen das Logo vor / © Julia Steinbrecht (KNA)
Kardinal Reinhard Marx, ZdK-Vizepräsidentin Karin Kortmann und ZdK-Präsident Thomas Sternberg stellen das Logo vor / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Nach dem symbolischen Auftakt steht Ende Januar 2020 die erste Synodalversammlung in Frankfurt an.

Zum Beginn des Synodalen Weges entzündeten der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, und die Vizepräsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Karin Kortmann, im Münchner Liebfrauendom gemeinsam eine Synodalkerze. Beide gehören auch dem Präsidium des Synodalen Wegs an. Diese soll wie alle anderen Beratungen auch live im Internet übertragen werden.

Mit dem auf zwei Jahre angelegten Synodalen Weg wollen die Bischöfe und das ZdK über die Zukunft kirchlichen Lebens in Deutschland beraten. Ein Ziel ist es, nach dem Missbrauchsskandal verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen. Schwerpunktthemen sind die Sexualmoral, die priesterliche Lebensform, Macht und Gewaltenteilung sowie die Rolle von Frauen in der Kirche. Höchstes Gremium des Prozesses ist die Synodalversammlung mit mehr als 200 Frauen und Männern. Bis Mitte Dezember soll die Teilnehmerliste komplett sein.

"Nach der schrecklichen Erfahrung"

Kardinal Marx sagte in seiner Predigt, es gehe darum, aufeinander zu hören und auch bei unterschiedlichen Meinungen zur Einmütigkeit zu finden. "Nach der schrecklichen Erfahrung, dass sexueller Missbrauch in der Kirche stattgefunden hat", gelte es nun, "Gefährdungen systemischer Natur" anzuschauen, etwa "falsche Herrschaftsorgansiationen", ergänzte der Kardinal. Um wieder glaubwürdige Zeugen der Freude und der Hoffnung zu sein, "müssen wir manche Hindernisse beseitigen".

Dabei müsse, so Marx weiter, die Einheit mit der Weltkirche und dem Papst bewahrt werden. Und ohne Offenheit für das Wirken des Heiligen Geistes und ohne eine Atmosphäre des Gebets könne der Synodale Weg nicht fruchtbar sein. Die Kirche sei dabei "kein geschlossenes System, keine Zitadelle, die sich einmauert", sondern das Volk Gottes, das miteinander unterwegs und offen sei für neue Erfahrungen.

Die aktuelle Krise überwinden

"Glaubwürdigkeit ist absolut notwendig und die wollen wir wiedergewinnen durch unsere selbstkritische Arbeit", betonten Kardinal Marx und ZdK-Präsident Thomas Sternberg in einer gemeinsamem Videobotschaft zum Auftakt. Zugleich riefen sie alle Katholiken auf, sich aktiv zu beteiligen, etwa über die neue Internetseite www.synodalerweg.de.

Umstritten ist, wie verbindlich die Beschlüsse der Beratungen sein können. Viele Katholiken hoffen auf konkrete Veränderungen und sehen darin eine der letzten Chancen, die aktuelle Krise zu überwinden. Andere verweisen darauf, dass gerade die besonders strittigen Themen nicht in Deutschland entschieden werden könnten; dies könne nur zusammen mit dem Vatikan und mit Blick auf die Weltkirche geschehen.

"Es wird sicherlich nicht leicht werden"

Der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer erwartet deutliche Veränderungen vom Reformdialog Synodaler Weg in der katholischen Kirche in Deutschland. "Es wird sicherlich nicht leicht werden", sagte er im Interview der "Augsburger Allgemeinen" (Montag): "Aber ich bin zuversichtlich, dass die katholische Kirche am Ende eine andere sein wird als jetzt." Sie werde in Zukunft "deutlich partizipativer und weiblicher" sein.

Wilmer ergänzte, dass der Synodale Weg auch eine Folge des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche sei. Um künftig Fälle sexualisierter Gewalt zu verhindern, brauche es mehr "Gewaltenteilung und eine Zusammenarbeit mit der Öffentlichkeit und dem Staat". In der kontrovers geführten Debatte um bis zu sechsstellige Entschädigungszahlungen für jedes Missbrauchsopfer warnte der Bischof vor einem Alleingang der katholischen Kirche: "Es wäre für mich fatal, würde sie wieder in diese alte Falle tappen."

Er plädierte zugleich für eine "echte Kommunikation" mit den anderen großen Institutionen, allen voran der evangelischen Kirche, den katholischen Ordensgemeinschaften und dem Staat. Die Kirche müsse sich auch mit dem Bundesjustizministerium abstimmen. Wilmer deutete an, dass die deutschen Bischöfe noch einige Zeit benötigen könnten, um sich auf ein Entschädigungsmodell und auf die Höhe der Entschädigung zu einigen.

Keine Alternative

Der Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker hat zum Start des "synodalen Weges" eine Synodalkerze für das Erzbistum im Dom entzündet. In seiner Predigt rief der Erzbischof zu Mut für Reformen in der katholischen Kirche auf. "In der Kirche dürfen wir nicht einfach so weitermachen", mahnte Becker im Dom zu Paderborn. Er hoffe, dass der "synodale Weg" ein zukunftsweisender Weg sein wird. "Gemeinsam wollen wir neue Wege gehen, Priester und Laien, Frauen und Männer, Junge und Alte."

Zum "synodalen Weg" gebe es für ihn keine Alternative, betonte der Paderborner Erzbischof im Gottesdienst am Samstagabend. Er wünsche sich dabei offene und unverkrampfte Diskussionen zwischen Bischöfen und Laien. "Die Themen, die in den synodalen Foren behandelt werden, sind auch unsere Themen", sagte der leitende Theologe von knapp 1,5 Millionen katholischen Christen. "Ich bin offen für Anregungen."

Freimütig reden und einander zuhören

Der Aachener Bischof Helmut Dieser erwartet vom Reformdialog eine größere Einigkeit unter den Gläubigen. "Beim Auftakt des Synodalen Weges finden wir uns in unserer Kirche in einer starken Polarisierung wieder", erklärte Dieser am Sonntag in Aachen. Er sprach von einer bereits längeren "Entwicklung von schwächer werdenden Gewissheiten und auseinanderdriftenden Überzeugungen".

Dieser rief die Teilnehmer des Synodalen Weges dazu auf, freimütig zu reden und einander zuzuhören. Dabei solle jeder auf das hören, was nicht aus der eigenen Überzeugung hervorgegangen sei. Denn es gehe nicht darum, "dass die Einen sich gegen die Anderen durchsetzen, sondern dass alle wieder die gemeinsame Freude am Kirchesein spüren". In den vier Fragen des Synodalen Weges solle es sich "wieder für alle gut anfühlen, katholisch zu sein!"

 

Quelle:
KNA
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