Glaubens-Geschäftsmann Jürgen Fliege kritisiert Margot Käßmann

Steine aus dem Glashaus

Vor vier Monaten trat sie von ihren Ämtern als Landesbischöfin und EKD-Vorsitzende zurück, dennoch bleibt Margot Käßmann für viele Menschen "Bischöfin der Herzen". Nicht für Jürgen Fliege, der sie nun für ihre Theologie kritisiert. Dabei ist der geschäftstüchtige Fernsehpfarrer selber alles andere als unumstritten.

Autor/in:
Michael Borgers
 (DR)

Ihre Theologie sei so schwach wie die ihrer Vorgänger sagte Fliege dem evangelischen Monatsmagazins "chrismon plus rheinland" für die aktuelle Ausgabe. Sie halte an dem ganzen "neurotischen Programm der evangelischen Kirche" fest.

Zwar pflege Käßmann eine volksnahe Sprache. Doch vor Theologen habe die frühere Landesbischöfin von Hannover doch "wieder die Dogmensprache drauf". Käßmann sei immer noch "das wohltemperierte Klavier der evangelischen Kirche", die "an Blut-, Sühne- und Schuldtheologie nicht rüttelt".

Rücktritt nach Alkoholfahrt
Käßmann war am 20. Februar spätabends nach einer Feier über eine rote Ampel gefahren und von der Polizei mit 1,5 Promille erwischt worden. Vier Tage später trat sie als Ratsvorsitzende und Hannoversche Landesbischöfin zurück.

Im Mai wurde sie bei ihrem ersten öffentlichen Auftritt nach dem Rücktritt beim Ökumenischen Kirchentag in München bejubelt. Von vielen bewundert wurde auch ihr öffentlicher Umgang mit ihrer Krebserkrankung und ihrer Scheidung.

Umstrittener Kritiker
Jürgen Fliege selber ist in christlichen Kreisen nicht unumstritten. Immer wieder manövrierte er sich mit zweifelhaften Aussagen ins theologische Abseits, auch als er noch Deutschlands bekanntester TV-Pfarrer war. So bezeichnete er die Botschaft vom Kreuzestod Jesu als "Horrorangebot".

Ob er noch heute eine eigene Talkshow im öffentlich-rechtlichen Fernsehen moderieren würde - hätte man ihn gelassen? Vermutlich. 2005 setzte die ARD seine tägliche Sendung ab. Seitdem sucht der inzwischen 62-jährige andere Wege und Mittel, auch im öffentlichen Gespräch zu bleiben.

"Die Über-Ich-AG"
Die Süddeutsche Zeitung portraitierte ihn vor wenigen Monaten unter der Überschrift "Die Über-Ich-AG". Und beschrieb sein Geschäftsmodell so: Fliege als Herausgeber einer nach ihm benannten Zeitschrift, Fliege als Produzent einer nach ihm benannten Regional-TV-Talkshow, Fliege als Veranstalter von Fliege-Reisen, Fliege als Betreiber der Stiftung Fliege und der Online-Kirche fliege.de. Fliege selber sagt dazu, in den USA sei es gang und gäbe, mit Religion Geschäfte zu machen, mit Medizin werde doch auch Geschäft gemacht. Bei ihm komme nun alles zusammen.

Auch in bundesweiten TV-Shows ist er noch immer regelmäßig zu sehen, als Gast, nicht Gastgeber. Hier bekennt er sich zur Esoterik oder äußert sich wenig verständlich zur Scientology-Sekte.