Gewalt Simbabwe nimmt zu - doch die Angst vor Neuwahlen ist groß

Im Dilemma

Immer wieder kommt es zu Gewalt gegen Zivilisten. Immer wieder landen Kritiker im Gefängnis. Und niemand vermag zu sagen, wohin Simbabwe in den kommenden Wochen steuern wird. Die Stimmung in dem Krisenland im südlichen Afrika ist gespannt wie schon lange nicht mehr.

Autor/in:
Katrin Gänsler
 (DR)

Nun ist sie auch auf höchster Regierungsebene mit Händen greifbar: Premierminister Morgan Tsvangirai hat die Zweckkoalition mit Staatspräsident Robert Mugabe aufgekündigt.



Das Fass zum Überlaufen brachte am Donnerstag die Verhaftung von Energieminister Elton Mangoma, der wie Tsvangirai dem "Movement for Democratic Change" (MDC) angehört. Darüber sei er nicht informiert worden, sagte ein überraschter Premier der BBC. Kurz darauf forderte er eine "saubere Scheidung" der Regierungsparteien MDC und Mugabes "Zimbabwe African National Union - Patriotic Front" (ZANU PF) und Neuwahlen.



Angst vor Gewaltausbrüchen

Das politische Gerangel ist nur ein Höhepunkt dessen, was sich derzeit in dem Land mit seinen rund zwölf Millionen Einwohnern abspielt. Die Angst vor Gewaltausbrüchen ist riesig und macht auch vor den Kirchen nicht Halt. So berichtet der simbabwische Exilradiosender "Radio SW Africa", dass im Februar mehrere hundert Menschen aus einem Wohnviertel in der Hauptstadt Harare Schutz in einer nahe gelegenen Kirche suchen mussten. Jugendliche Anhänger der ZANU PF seien durch die Straßen gezogen, hätten Häuser geplündert und in Brand gesteckt.



Die "Christian Alliance", ein Zusammenschluss von Christen und christlichen Kirchen, sowie die "National Constitutional Assembly" (NCA), eine Gruppe nichtstaatlicher Organisationen, verlangen ein Ende der Gewalt. Doch die Zeichen dafür stehen schlecht; Forderungen aus der Zivilgesellschaft bleiben ungehört. In einer Kirche hatten sich am Mittwoch 60 Menschenrechtsaktivisten zu einer Veranstaltung getroffen, die aber vorzeitig von der Polizei beendet wurde. "Wir verurteilen aufs Schärfste, dass zwei der Besucher verhaftet wurden, und wir fordern die Polizei auf, die Grundrechte in Simbabwe einzuhalten", so NCA-Sprecher Blessing Vava.



Mord, Folter und politische Gewalt

Ein wenig mehr Einfluss könnte der ebenfalls in dieser Woche veröffentlichte Bericht von "Human Rights International" haben. Knapp drei Jahre nach den vergangenen Wahlen kommt die Organisation zu einem ernüchternden Ergebnis: Mord, Folter und politische Gewalt seien an der Tagesordnung, heißt es in dem 40 Seiten starken Papier. Ein besonders brisantes Beispiel ist erst gut zwei Wochen alt: Als in Harare, so schreibt die Organisation, mehrere Menschen ein Video über die derzeitigen Demonstrationen in Nordafrika anschauten, schlug die Polizei zu und verhaftete sie. Deutlich macht das aber auch eins: Vor allem Dauerherrscher Mugabe fürchtet um seine Macht.



Die könnte Mugabe, der das heruntergewirtschaftete Land seit der Unabhängigkeit im April 1980 regiert, bei Neuwahlen endgültig einbüßen. Die sollten eigentlich ohnehin vorgezogen werden und bereits in diesem Jahr stattfinden. Was noch vor einem Jahr wie eine praktikable Lösung aussah, könnte Simbabwe noch weiter in den Abgrund strudeln lassen. "Wir erinnern uns gut daran, wie chaotisch und gefährlich es 2008 war", sagt ein Augenzeuge aus Harare und erinnert sich an die Wahlunruhen vor drei Jahren. Damals sollen mehr als 200 Menschen getötet und mehr als 5.000 gefoltert worden sein.



Auch die anschließende Gemeinschaftsregierung der Erzrivalen MDC und ZANU PF brachte keine Verbesserung. Kurz darauf folgten Lebensmittelkrise und die Abschaffung der eigenen Währung, des Zim-Dollars. Daher halten viele Beobachter nun auch Wahlen für riskant, darunter auch mehrere katholische Bischöfe aus dem südlichen Afrika. Bei einem Treffen in Februar erklärten sie, Simbabwe sei derzeit nicht reif für Neuwahlen.