Gesundheitsreform: Länder wollen Zustimmung wegen unerwartet hoher Kosten verweigern

Union streitet um die Kosten

Bayern, Baden-Württemberg und Hessen fürchten, dass sie durch die Gesundheitsreform mit Kosten in Milliardenhöhe belastet werden. Hessen forderte Gesundheitsministerin Schmidt erneut auf, aktuelle Zahlen zu den finanziellen Folgen der Gesundheitsreform auf den Tisch zu legen. Zurzeit kursierten zwei unterschiedliche Gutachten zur Gesundheitsreform - mit völlig unterschiedlichen Zahlen. Bislang waren beispielsweise für Baden-Württemberg Mehrkosten von 58 Millionen Euro erwartet worden. Nun ist von bis zu 1,6 Milliarden Euro die Rede.

 (DR)


Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Kauder hat die Kritik von Bayern, Baden-Württemberg und Hessen am geplanten Gesundheitsfonds zurückgewiesen. Die große Koalition habe sichergestellt, dass die reichen Länder nicht mehr als 100 Millionen Euro pro Jahr abführen müssten, so Kauder in der ARD. Deswegen seien die Summen, die von den Kritikern genannt würden, überhaupt nicht realistisch.

Verständnis für die Länder
Wolfgang Zöller, Gesundheitsexperte der CSU, hat Verständnis für die Kritik der Länder am geplanten Gesundheitsfonds gezeigt. Zöller sagte am Montag im Deutschlandfunk, wenn es stimme, dass Bayern und Baden-Württemberg "enorme Summen" für den Fonds aufbringen müssten, komme außerdem "Unruhe bei den Bundestagsabgeordneten" auf. Wenn die Zahlen stimmten, so Zöller, die ein Gutachten aus der vorigen Woche in Umlauf gesetzt hatte, sehe er die Gefahr, dass die Zustimmung zur Gesundheitsreform in einigen Landesgruppen in Gefahr sei. In dem Gutachten des Kieler Instituts für Mikrodaten-Analyse wird davon ausgegangen, das die CDU-regierten Länder im Süden durch die Finanztransfers im Rahmen des Gesundheitsfonds bis zu anderhalb Milliarden Euro pro Jahr verlieren, während das Bundesgesundheitsministerium zweistellige Millionenbeträgen angibt.

Zöller forderte das Ministerium auf, schnell für Klarheit zu sorgen. Er sei in den bisherigen Verhandlungen zur Gesundheitsreform davon ausgegangen, dass die Zahlen des Ministeriums stimmten, die wiederum aus dem Bundesversicherungsamt stammen. Was tatsächlich richtig sei, könne er aber nicht sagen, so Zöller. Er sei "mehr als verärgert" über die unterschiedlichen Angaben zu den finanziellen Auswirkungen der Reform auf die Länder.

Die Ministerpräsidenten von Bayern, Baden-Württemberg und Hessen hatten im Bundesrat und am Wochenende ihre Zustimmung zu der Reform von präzisen Berechnungen abhängig gemacht. Sie hatten erklärt, ihre Länder dürften nicht überfordert werden.

Merkel hält Kritik für  ungerechtfertigt
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hält ungeachtet der Kritik der Unions-regierten Länder am Zeitplan für die geplante Gesundheitsreform fest. Vize-Regierungssprecher Thomas Steg sagte am Montag in Berlin, die Bedenken der Bundesländer seien "nicht so recht verständlich und in der Sache aus unserer Sicht nicht begründet". Merkel sei "ganz sicher", dass die noch strittigen Punkte in den
nächsten Tagen und Wochen zu klären seien und die Reform wie geplant
am 1. April 2007 in Kraft treten könne. Die Bundesregierung setze auf eine einvernehmliche Lösung und sehe nicht die Notwendigkeit eines Vermittlungsverfahrens mit dem Bundesrat.

Methodische Mängel
Das Gutachten, demzufolge insbesondere auf Bayern, Baden-Württemberg und Hessen durch die Reform Milliardeneinbußen zukommen, weise nach erster Durchsicht "methodische Ungereimtheiten und Widersprüche" auf. Das Bundesgesundheitsministerium will bis Dienstag eine abschließende Beurteilung der Studie vornehmen. Ein Sprecher des Ressorts betonte, dass das Bundesversicherungsamt die Auswirkungen der Reform als einzige Stelle "einigermaßen genau" schätzen könne. Die Behörde sieht Belastungen für die Länder nur im zweistelligen Millionenbereich.