Gerhard Richter plant Dom-Fenster aus 11.250 Minischeiben

Vibrierende Farbe für den Kölner Dom

Nicht alle Kirchenfenster des Kölner Doms konnten vor den Bomben des Zweiten Weltkrieges gerettet werden - auch nicht das Fenster im Südquerhaus. Notdürftig wird dort bis heute die Lücke mit farblosem Glas gefüllt, durch das, besonders im Winter, viel zu viel Licht fiel. Ein schön gestaltetes Fenster sollte es nach Willen des Domkapitels ersetzen.

 (DR)

Nicht alle Kirchenfenster des Kölner Doms konnten vor den Bomben des Zweiten Weltkrieges gerettet werden - auch nicht das Fenster im Südquerhaus. Notdürftig wird dort bis heute die Lücke mit farblosem Glas gefüllt, durch das, besonders im Winter, viel zu viel Licht fiel. Ein schön gestaltetes Fenster sollte es nach Willen des Domkapitels ersetzen. Nun hat der renommierte Maler Gerhard Richter seinen Entwurf für ein mehr als 100 Quadratmeter großes Fenster im Kölner Dom vorgestellt.

"Bedeutender Beitrag zeitgenössischer Kunst"
Die Fläche im Südquerhaus wird mit 11.250 Glasquadraten in 72 Farbtönen gefüllt, wie der 74-Jährige am Freitag vor Journalisten in Köln ankündigte. Als Vorbild dient sein Bild "4096 Farben" aus dem Jahr 1974. Für das Dom-Fenster sei nur ein abstraktes Motiv in Frage gekommen. Figürliches habe er dafür nicht schaffen wollen, unterstrich Richter. Das Domkapitel hatte ihn anfangs um eine Darstellung von Heiligen der Gegenwart gebeten. Das Projekt wird laut Dompropst Norbert Feldhoff bis zu 400.000 Euro kosten.

Das 22 Meter hohe Fenster soll im Frühjahr 2007 fertig sein, wie Dombaumeisterin Barbara Schock-Werner ankündigte. Es bringe eine "vibrierende Farbintensität" in das Gotteshaus. Neben den Bronzetüren von Ewald Matare stelle das Werk "einen bedeutenden Beitrag zeitgenössischer Kunst" für den Dom dar. Richter nimmt den Farbkanon von Glasfenstern des Mittelalters und des 19. Jahrhunderts auf. So soll sich das Fenster harmonisch in die Domumgebung einpassen, wie die Hüterin der Kathedrale sagte. Figürliche oder monochrome Werke hätten diesen Effekt nicht erbracht. "Das immaterielle Licht wird auch ohne Bilder zu den Gläubigen sprechen", so Schock-Werner.

Ein Flair, das für das Religiöse öffnet
so Feldhoff, und er fügte hinzu, "das Fenster regt zur Stille an". Es stelle nichts Religiöses dar, animiere aber zur Meditation. "Es schafft ein wahnsinniges, von Farben schillerndes Licht. So entsteht ein Flair, das für das Religiöse öffnet." Das Domkapitel sei sich bewusst, dass die Entscheidung für ein abstraktes Motiv extrem unterschiedliche Meinungen hervorrufe. Es hoffe aber auf mehrheitliche Zustimmung. Bislang befindet sich in dem Fenster ein fast farbloses Ornament aus den 1950er Jahren. Dadurch würden die Gläubigen im Nordquerhaus bei tief stehender Sonne geblendet, so Feldhoff. Das Original von 1863 wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Eine Rekonstruktion ist unmöglich, weil die Unterlagen verbrannt sind und keine Fotos existieren.

Nach Richters Plänen werden die 9,4 Zentimeter hohen und breiten Farbquadrate aus mundgeblasenem Glas mit Silikon-Gel auf Trägerscheiben geklebt. Jede Farbe ist gleich oft vertreten.
Dunkle Töne überwiegen, weil die hellen in 20 bis 40 Meter Höhe wie Löcher wirkten, so die Dombaumeisterin. Die Anordnung der Farbfelder folgt laut Richter dem Zufallsprinzip. Wichtig seien auch die Spiegelungen, die das Glas hervorrufe. Der Künstler hat den Entwurf dem Dom geschenkt und verzichtet auf ein Honorar. Die übrigen Kosten sollen Spenden erbringen. Für die 20 höchsten Summen gibt es laut Feldhoff ein von Richter signiertes Geschenk.
Alle Stifter werden im Internet genannt.

Richter zählt zu den bedeutendsten Malern der Gegenwart. Kaum jemand hat ein so vielseitiges Werk geschaffen wie er. Auf dem internationalen Kunstmarkt erzielen seine Werke Höchstpreise.
2004 erhielt er den Kunst- und Kulturpreis der deutschen Katholiken. 2005 widmete ihm die Kunstsammlung NRW in Düsseldorf eine Retrospektive. Nach Angaben von Kuratorin Anette Kruszynski, die die Schau mitverantwortet hat, lassen sich in Richters Lebenswerk viele religiös-existenzielle Fragen und Motive finden, auch wenn er kein christlicher Künstler im engen Sinn sei.
(dr, KNA)