Gerhard Henschel über seinen „Bildungsroman“

Aus dem Leben eines Bummelstudenten

„Aufstehen? Morgens? Wozu? Martin Schlosser der Bummelstudent“. Gerhard Henschel setzt sein Autobiografie-Projekt fort. In „Bildungsroman“, dem fünften Roman der Martin-Schlosser-Chronik, erzählt Henschel, wie er 1983 in Bielefeld halbherzig ein Studium begann: „Ich war eigentümlich ziellos und wußte nicht genau, wohin dieses Studium führen sollte und insofern war ich verbummelter, als die meisten Studenten heute sind“, sagt der Autor im domradio.de Interview.

Gerhard Henschel / © Jochen Quast
Gerhard Henschel / © Jochen Quast

Für die Generation nach dem gewaltigen Block der 68er mit ihrem Aufbruchshunger blieb nur der Neid auf die bewegten Jahre der Vorgängergeneration: „Das war tatsächlich eine Leerstelle und eine große Ratlosigkeit kombiniert mit Weltekel, keine sehr günstige Kombination für ein sehr glückliches Leben“, sagt Gerhard Henschel über seine Studentenzeit.

„Diese Romane sind zu 120 Prozent autobiografisch“, sagt Henschel. Der Romanheld Martin Schlosser ist also Gerhard Henschel. Mit großer Detailfreude erzählt er vom Leben einer Generation, die durch die Bundesrepublik trampt, Mädchen lange Briefe schreibt, viel Bier trinkt und Bob Dylan hört. Bis Martin Schlosser ein Literaturseminar von Walter Kempowski besucht und vom Projekt des Autors fasziniert ist, das ganze Leben aufzuschreiben: „Als ich den „Kindheitsroman“ schrieb, mit dem dieser Roman-Zyklus eröffnet worden ist, da schwebte mir tatsächlich vor, für meine Generation etwas zu versuchen, was Walter Kempowksi mit seiner Deutschen-Chronik für seine Generation geschaffen hat“.

Nach dem „Bildungsroman“, so verspricht Henschel, folge nun der „Künstlerroman“, an dem er gerade arbeite. Im domradio.de Interview erzählt der Autor, wie er die frühen 80er erlebt hat, er mutmaßt, warum Studenten heute nicht mehr trampen und fragt sich, ob es ein Verlust ist, dass heute keine Briefe mehr geschrieben werden. In seinem „Bildungsroman“ läßt Henschel eine Zeit wiederauferstehen, die in ihrer Sprache auch „total super“ war. Wer die 80er Jahre als Student erlebt hat, fühlt sich auf einmal verstanden – und alle anderen lernen, dass Weltekel auch keine Lösung ist, selbst wenn man sich den mit viel Bier schön trinkt.


Gerhard Henschel / © Jochen Quast
Gerhard Henschel / © Jochen Quast