oder: Greta und der Erdkundeunterricht in den 1970er Jahren

Genug geredet

"Hier steht, dass es in 30 Jahren keine Erdöl- und Erdgasvorräte mehr geben wird!"

Papst Franziskus begrüßt die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg / © Alessandra Tarantino (dpa)
Papst Franziskus begrüßt die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg / © Alessandra Tarantino ( dpa )

Ich habe mal nachgerechnet. Ich war elf oder zwölf und wir nahmen im Erdkundeunterricht die Erdöl– und Erdgasvorräte in der Welt durch.

Während der Lehrer schon weitermachte, hingen meine Augen noch an Grafiken über einem Zeitstrahl, die mit einer großen Blase in den 1970ern anfingen und dann, weit, weit weg, Anfang des 21. Jahrhunderts, zu einem immer dünner werdenden Strich wurden.

Meine Augen weiteten sich. Panik erfasste mich. Aufgeregt meldete ich mich, unbedingt wollte ich drangenommen werden. Jetzt. Mein Lehrer schaute genervt.

Diese Szene fiel mir ein, als in einer Debatte unter Kollegen mal wieder über Greta Thunberg geredet wurde.

Greta würde doch instrumentalisiert, niemals könne sich ein Schulmädchen das ausdenken. Wieso eigentlich nicht? Frage ich dann immer zurück. Als Greta aufhörte ein Kind zu sein, hat sie auch aufgehört zu essen, wurde krank. Weil sie nicht fassen konnte, welche Zukunft auf sie wartet, wenn wir Menschen nichts ändern.

Gesund wurde sie, als sie begriff: jeder kann zwar nur das tun kann, was er oder sie tun kann. Aber das kann er oder sie tun. Greta konnte sich mit einem Schild vor den schwedischen Reichstag setzen. Wer immer noch verzagt an „the power of one“, wie die Amerikaner sagen, an der Macht des Einzelnen, zweifelt, schaue, wo Greta gerade ist:

Auf dem Atlantik. Auf dem Weg zum Weltklimagipfel, der morgen anfängt. Trotz der Verlegung auf einen anderen Kontinent.  Wieder fliegt sie nicht, zeigt durch ihre große Anstrengung, wie es fast unmöglich geworden ist, nachhaltig zu reisen und zu leben.

Ich freue mich, dass sie, ein Schulmädchen, dort angehört wird. Wirklich angehört wird. Die Antwort, die ich als Schulmädchen in den 1970ern auf meine dringliche Frage bekam: Was wir Menschen denn Anfang des 21. Jahrhunderts ohne Erdöl und Erdgas machen sollten, habe ich nie vergessen.

Mein Lehrer wischte die Frage, achselzuckend, einfach weg: Das sei nicht sein Problem. Er würde dann ja nicht mehr leben.

Ich weiß nicht, was der Lehrer heute antworten würde. Nicht zuletzt dank Greta, kann heute kein Mensch mehr sagen, er habe nichts gewusst.

Ich finde: genug geredet, genug gefragt, genug geantwortet. Genug gewartet.

Wunderbarerweise kann jeder und jede was tun. Tun wir es.


Symbolbild Klimaschutz / © Eva Vargyasi (shutterstock)