Stabwechsel beim Katholikenkomitee

Genügend Spielraum für Reformen

Stabwechsel beim Zentralkomitee der deutschen Katholiken: Generalsekretär Stefan Vesper geht vorzeitig in den Ruhestand. Sein Nachfolger Marc Frings soll ausreichend Zeit für kommende Aufgaben haben.

Autor/in:
Christoph Arens
Stefan Vesper / © Harald Oppitz (KNA)
Stefan Vesper / © Harald Oppitz ( KNA )

"Man muss in manchen Fragen einfach einen langen Atem haben." Als Generalsekretär des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) hat Stefan Vesper seit 1999 eine stürmische Zeit und viele Veränderungen erlebt: Streit um Schwangerenkonfliktberatung, den Verein Donum Vitae und die Rolle der Frauen in der Kirche, der Missbrauchsskandal, Kirchenaustritte oder die Auseinandersetzungen um die Finanzierung der Katholikentage.

Ein Jonglieren mit vielen Bällen, das Vesper jetzt vorzeitig beendet. Ende November wurde der 63-Jährige bei der Herbstvollversammlung des ZdK in Bonn nach 20 Jahren verabschiedet. Nachfolger Marc Frings, der zum 1. Januar offiziell sein Amt antrat, soll ausreichend Zeit haben, den 3. Ökumenischen Kirchentag 2021 und die kommenden Katholikentage zu planen.

Großer Erfolgsdruck

Allerdings ist auch der jetzige Zeitpunkt nicht günstig: "Als ich den Entschluss gefasst habe, war ja nicht zu erwarten, dass wir durch den Prozess zum Synodalen Weg so stark gefordert werden", sagt Vesper.

Der Erfolgsdruck ist groß: "Dieser Prozess darf nicht scheitern, sonst verlassen noch mehr Menschen die Kirche", warnt der Theologe.

Zugleich sei der Synodale Weg eine Riesenchance: Forderungen, mit denen die Laien Jahre lang vor die Wand gelaufen seien, würden jetzt auf Augenhöhe besprochen.

Spielraum für Reformen gibt es aus Sicht des gebürtigen Düsseldorfers genug: "Natürlich wäre es ein Signal, wenn der Synodale Weg mit starker Stimme an Rom appellieren würde, den Diakonat der Frau einzuführen", sagt Vesper im KNA-Interview. Auch die Einführung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit sei machbar.

Viel Handlungsspielraum sieht er auch beim Thema Macht. Das Misstrauen gegenüber Laien zeige sich schon in den Gemeinden: "Da engagieren sich gestandene Juristen, Ärzte oder Handwerker in den Kirchenvorständen - und letztlich entscheidet der Pfarrer mit einem Federstrich, ob sie mit ihren Anliegen durchkommen." Es werde immer schwieriger, solche Menschen für kirchliches Engagement zu gewinnen. Das gilt besonders für die Frauen. "Wenn sie nicht ernster genommen werden, gehen sie."

Bei der Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs sei die Kirche weiter als manch andere gesellschaftliche Gruppe, betont Vesper. Andererseits sei bei vielen immer noch nicht richtig angekommen, "wie stark unser Markenkern bedroht und das Vertrauen in die Kirche erschüttert ist".

Als Höhepunkte seiner Arbeit bezeichnet der in Bad Honnef wohnende Vesper die Begegnungen mit vielen Menschen, die sich "auch aus ihrem Glauben heraus engagieren und für etwas brennen". Das reichte von Johannes Rau und Joachim Gauck über Angela Merkel, die Kardinäle Lehmann und Marx bis hin zu vielen Christen in Gemeinden und Verbänden. "Wir haben als Christen immer noch viel Potenzial - wenn wir uns nicht im Weg stehen und uns durch Fehler lähmen."

Stärkere Rolle beim Thema Ökologie?

Als Manko bewertet Vesper, dass die Kirche keine stärkere Rolle beim Thema Ökologie spielt. Katholiken hätten so viele Ausdrucksformen, wenn es um die Bewahrung der Schöpfung gehe - von der Fastenzeit bis zum heiligen Franziskus und einer großen Wertschätzung des einfachen Lebens. Es gebe zudem viele Initiativen, die sich für die Schöpfung engagierten. "Wir müssten das stärker bündeln."

Bedauerlich findet Vesper auch, dass die Zusammenarbeit der katholischen Laien in Europa nicht so recht vom Fleck kommt. So müssten die deutschen Katholiken mehr dazu beitragen, dass in den mitteleuropäischen Staaten aus christlichem Geist Gesellschaft gestaltet wird. "Europa ist jede Anstrengung wert", schrieb er im vergangenen Jahr nach einer 800 Kilometer langen Fahrradtour durch sieben Nachbarländer.

Schon 1996 und 1997 hat der Vater zweier erwachsener Töchter intensive europäische Erfahrungen gesammelt: Im Auftrag des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) organisierte er von Sankt Gallen aus die Zweite Europäische Ökumenische Versammlung in Graz, an der alle christlichen Kirchen Europas teilnahmen.

Mehr Zeit bleibt Vesper künftig für Privates: die Enkelkinder und die Musik etwa. Vielleicht geht es auch öfter in die Alpen: 2016 war er für mehrere Wochen "Hüttenwirt" auf der 2.500 Meter hoch gelegenen Hexenseehütte in Tirol.

 

Stefan Vesper, Generalsekretär a.D. des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) / © Julia Steinbrecht (KNA)
Stefan Vesper, Generalsekretär a.D. des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) / © Julia Steinbrecht ( KNA )

 

Marc Frings, Generalsekretär des ZdK / © privat (KNA)
Marc Frings, Generalsekretär des ZdK / © privat ( KNA )
Quelle:
KNA