Generaloberin kritisiert Nicht-Berufung der ZdK-Präsidentin

"Rom will Protest auf Weltsynode unterm Teppich halten"

Die Präsidentin des Zentralrates der deutschen Katholiken, Irme Stetter-Karp, ist nicht als stimmberechtigtes Mitglied der Weltsynode berufen worden. Das missfällt nicht nur der Generaloberin der Oberzeller Franziskanerinnen.

Irme Stetter-Karp wurde nicht zur Weltsynode berufen. / © Julia Steinbrecht (KNA)
Irme Stetter-Karp wurde nicht zur Weltsynode berufen. / © Julia Steinbrecht ( KNA )

DOMRADIO.DE: Ehemalige Mitglieder des "Forums Frauen in Diensten und Ämtern der Kirche" des Synodalen Wegs haben einen Offenen Brief an den Vatikan geschrieben und Kritik an der Nicht-Nominierung von Irme Stetter-Karp geübt. Auch Sie haben mit unterzeichnet. Warum wäre sie in Ihren Augen die natürliche Kandidatin für die Weltsynode gewesen?

Schwester Katharina Ganz / © Julia Steinbrecht (KNA)
Schwester Katharina Ganz / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Sr. Katharina Ganz (Generaloberin der Oberzeller Franziskanerinnen): Sie war Präsidentin des Synodalen Weges, sie ist Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK). Sie wäre das Gesicht für die Laien und Laiinnen in der deutschen Kirche gewesen und hätte als Frau mit Stimmrecht die Anliegen auch aus Deutschland in den weltweiten Prozess mit einbringen können.

DOMRADIO.DE: Wer hat denn Irme Stetter-Karp für die Weltsynode empfohlen?

Sr. Katharina Ganz: Ich vermute, dass das eine Absprache zwischen dem ZdK und der Deutschen Bischofskonferenz war. Es gab einen Brief an die Teilnehmenden der Europäischen Versammlung, wer von diesen 14 Menschen bereit und in der Lage wäre, im Herbst drei Wochen nach Rom zu fahren, mit der Aussage, dass diejenigen vor Ort bei der Kontinentalsynode in Prag bevorzugt würden. Das waren ja ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp, DBK-Generalsekretärin Beate Gilles und ZdK-Vize Thomas Söding.

Auch von den Online-Teilnehmern hatten sich einige bereit erklärt. Aber letztlich hat man sich auf Irme Stetter-Karp geeinigt, und das war auf jeden Fall die richtige Personalie.

Schwester Katharina Ganz

"Für mich ist das eine weitere traurige Bestätigung dessen, was wir vorher erlebt haben"

DOMRADIO.DE: Dann ist sie aber eben nicht berufen worden. Das sehen Sie als Affront. Wie interpretieren Sie die Entscheidung aus dem Vatikan?

Sr. Katharina Ganz: Für mich ist das eine weitere traurige Bestätigung dessen, was wir vorher erlebt haben. Dass nämlich das Präsidium des Synodalen Weges kein einziges Mal in Rom mit den Verantwortlichen sprechen konnte. Sie haben immer nur die Bischöfe empfangen, aber nicht die Laien-Vertreter und -Vertreterinnen.

Das zeigt aus meiner Sicht ein weiteres Mal, dass sie unseren deutschen Synodalen Weg in Rom nicht verstanden haben und den Laien-Vertreterinnen eben nicht auf Augenhöhe begegnen, sie nicht ernst nehmen.

DOMRADIO.DE: Vielleicht auch aus Angst?

Sr. Katharina Ganz: Vermutlich haben sie im Vatikan tatsächlich auch Angst vor der Klarheit, vor der Präzision, vor der Reflexion und vor der Kraft der Argumente, mit denen wir hier in Deutschland auch die strukturellen und systemischen Ursachen sexualisierter Gewalt in unserer Kirche angegangen sind.

Und davor, dass wir nach dreieinhalb Jahren wirklich Beschlüsse getroffen haben was Macht, Gewaltenteilung und die Partizipation aller Gläubigen angeht. Nicht zuletzt sind da die Frage der Geschlechtergerechtigkeit und der Zulassungsbedingungen zum Weiheamt, die wir besprochen und mit klaren Voten nach Rom entschieden haben, zu nennen.

DOMRADIO.DE: Sehen Sie sich vom ehemaligen Forum "Frauen in Diensten und Ämtern der Kirche" in Ihren Anliegen bei der Weltsynode gar nicht berücksichtigt?

Sr. Katharina Ganz: Doch, durchaus. Wir haben in unserem Brief anerkannt, dass Frau Helena Jeppsen-Spuhler aus der Schweiz sicher eine Frau ist, die sich für ähnliche Anliegen stark macht, die sich im deutschsprachigen Raum auch stark vernetzt, um die Anliegen von Frauen in der katholischen Kirche europaweit oder zumindest im deutschsprachigen Raum zu bündeln und als Sprachrohr dort zu vertreten.

Schwester Katharina Ganz

"Die Kernbotschaft ist: Es wird keine Frau mit Stimmrecht die Anliegen der Mehrheit der deutschen Katholiken in die Synode einbringen"

DOMRADIO.DE: Dennoch wollen sie aber die Ablehnung Irme Stetter-Karps nicht einfach hinnehmen und haben an die zuständigen Kardinäle im Vatikan geschrieben. Was ist die Kernbotschaft Ihres Offenen Briefes?

Sr. Katharina Ganz: Die Kernbotschaft ist: Es wird keine Frau mit Stimmrecht die Anliegen der Mehrheit der deutschen Katholiken in die Synode einbringen. Die Geschlechterperspektive wäre aber wichtig, weil sich an ihr die Zukunftsfähigkeit unserer Kirche entscheidet. Thomas Söding ist als theologischer Berater berufen worden, aber er hat kein Stimmrecht.

DOMRADIO.DE: Sie haben noch nichts aus Rom gehört. Wie optimistisch sind Sie, dass Sie Antwort bekommen?

Sr. Katharina Ganz: Zumindest wollten wir uns Gehör verschaffen. Letztlich ist es eine Frage der Transparenz: Wie hat die Europäische Bischofskonferenz die Vorschläge aus den 39 Ortskirchen aufgenommen? Wer hat da entschieden, wer dann weiterempfohlen wird?

Es fehlt in der Kommunikation einfach auch eine Transparenz über Kriterien. Man kann jetzt sagen, dass der Papst tatsächlich Vertreter aller innerkirchlichen Lager in der Synode haben will. Das wird zumindest aus den Ernennungen deutlich. Aber aus Deutschland heraus ist mir irgendwie die Ausgewogenheit ehrlich gesagt nicht ersichtlich.

DOMRADIO.DE: Welche Konsequenz hat das denn in Ihren Augen für die Weltsynode, wenn Personen wie Stetter-Karp nicht mitreden und vor allem auch nicht mitentscheiden dürfen?

Sr. Katharina Ganz: Das Zuhören wird als ganz wichtig erachtet. Aber es fehlt mir die geistliche und theologische Unterscheidung. Es fehlt mir auch die Streitkultur, obwohl es ja urkatholisch, urchristlich ist, sich auch argumentativ auseinanderzusetzen, nicht einfach die bischöfliche Stimme stärker zu gewichten als die Stimme der Laien und Laiinnen, der anderen Getauften im Volk Gottes.

Es gibt ja aus der ganzen Welt Stimmen, die sagen: "Wir brauchen ein vertieftes Verständnis darüber, was die Taufe bedeutet. Wozu berechtigt sie uns? Und wie können wir die Diskriminierung von Frauen in unserer Kirche überwinden?"

Mein Eindruck ist, dass sie im Vatikan den Aufruhr, den Protest unterm Teppich halten wollen. Deshalb wäre jede streitbare Frau ein Gewinn für die von Männern dominierte Weltsynode.

Das Interview führte Hilde Regeniter.

Weltsynode 2021-2024

Mit der Weltsynode hat Papst Franziskus in der katholischen Kirche etwas Neues geschaffen. Erstmals werden bei einer Synode Nicht-Bischöfe und Nicht-Priester im großen Umfang ein Stimmrecht haben, darunter auch Frauen.

Inhaltlich soll es vor allem um neue Wege der Mitwirkung der kirchlichen Basis bei wichtigen Entscheidungen in der katholischen Kirche gehen. Obwohl erstmals auch nicht geweihte Männer und Frauen ein Stimmrecht haben, handelt es sich kirchenrechtlich um eine Bischofssynode.

Eröffnung der Weltsynode im Oktober 2021 / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Eröffnung der Weltsynode im Oktober 2021 / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )
Quelle:
DR