Gemeinschaft Sant’Egidio feiert 32. Internationales Friedenstreffen

Brücken des Friedens, Laubengänge und humanitäre Korridore

Tausende Gläubige aus aller Welt treffen sich in diesen Tagen in Bologna. Bischöfe beten beim 32. Friedenstreffen der katholischen Gemeinschaft Sant'Egidio gemeinsam mit Rabinern und Imamen um Frieden.

 Interreligiöses Friedenstreffen in Bologna / © Francesco Nigi (KNA)
Interreligiöses Friedenstreffen in Bologna / © Francesco Nigi ( KNA )

Die stilisierten Arkaden im Logo des 32. Internationalen Friedenstreffens im Geist von Assisi erinnern an die Laubengänge Bolognas, eine Stadt, die, wie der Bologneser Erzbischof Matteo Zuppi sagte, "die Gene der Begegnung in sich trägt. Sie war und ist eine Wegkreuzung für Menschen und Kulturen". Auch Papst Franziskus sprach in seiner Grußbotschaft an die Teilnehmer des Treffens von der "einzigartigen Architektur der Stadt", die dazu einlädt, "Verbindungen zu schaffen, die zu wirklichen Begegnungen führen, zu Bindungen, die vereinen, zu Wegen, die zur Überwindung von Konflikten und Verbitterung führen".

"Ununterbrochener Faden des Dialogs"

So verfolgt das Treffen "Brücken des Friedens" nach 32 Jahren laut dem Gründer von Sant’Egidio, Andrea Riccardi, weiter den "ununterbrochenen Faden des Dialogs, den Johannes Paul II. 1986 in Assisi zur Zeit des Kalten Krieges begonnen hat; einen Dialog, der verschiedene Szenarien erlebt hat, die schwierig, kriegerisch und feindselig waren, wie auch unerwartete Friedensschlüsse."

Es muss nicht eigens betont werden, wie sehr sich die Szenarien in Politik und Gesellschaft seit damals verändert haben. Was Riccardi als "Euphorie der Globalisierung" bezeichnet, als Entwurf einer "globalen Belle Èpoche" hat sein Ziel verfehlt, denn "es fehlte eine spirituelle Vereinigung, die es im Dialog zu verwirklichen gilt". Die Religionen hätten "oft die Globalisierung nicht als Abenteuer des Geistes wahrgenommen", so dass nicht nur "die globale Welt keinen Frieden hervorgebracht" hat, sondern "schreckliche Kriege generiert hat, wie in Syrien, wo der Krieg seit 2011 andauert".

"Gemeinsam Brücken des Friedens bauen"

Von diesem Krieg sprach bei der Eröffnung in bewegenden Worten der syrisch-orthodoxe Patriarch von Antiochien, Ignatius Aphrem II. Riccardi äußerte weiter, dass man "Religionskriege oder religiöse Gewalt gerechtfertigt" habe. Doch "trifft die Religionen keine Schuld an dem Blut, das im Namen der einen oder anderen Religion vergossen wird", sagte der Großimam der Al-Azhar-Universität, Ahmad Al-Tayyeb: "Der Terrorismus kann kein Werk eines gläubigen Volkes sein; er entsteht hingegen aus dem Handel mit den Gewissen und mit den Waffen".

Der Großimam Ahmad Al-Tayyeb habe sich eindeutig von religiösem Fundamentalismus distanziert, berichtet Matthias Leineweber von der Gemeinschaft Sant'Egidio. Solche Stimmen seien wichtig um Religionen zu zeigen, die ein offenes und tolerantes Gesicht hätten, sagte Leinweber im DOMRADIO.DE-Interview. Es sei beim Friedenstreffen "eine ganz starke Überzeugung", dass Krieg nicht im Namen Gottes geführt werden und mit der Religion nicht übereinstimmen kann, so Leineweber weiter.

Doch die Probleme bleiben nicht aus, wenn die Waffen schweigen: "In einem schwierigen Moment, in dem nach und nach viele Netze des Zusammenlebens in den Peripherien der großen Städte zerreißen und Mauern nicht nur zwischen Europa und Afrika zur Verteidigung vor den Migranten errichtet werden, sondern auch zwischen europäischen Ländern, müssen gemeinsam Brücken des Friedens gebaut werden", so der Präsident der Gemeinschaft Sant’Egidio, Marco Impagliazzo.

"Faden der Hoffnung neu zu knüpfen"

Das Friedenstreffen in Bologna endet am Dienstag mit einer großen Schlusskundgebung auf der Piazza Maggiore. Unmittelbar vorher kommen die Religionsvertreter an verschiedenen Orten der Stadt zu Friedensgebeten zusammen. Drei Tage lang werden Tausende von gläubigen Männern und Frauen in Bologna versuchen, den brüchigen Faden der Hoffnung neu zu knüpfen. Denn "viele Ängste wohnen in den Herzen der Menschen, die auf der Suche nach Sicherheiten sind" so Andrea Riccardi, "die sich aber auch feindlich gegeneinander wenden wie ein Stamm gegen einen anderen".

Erzbischof Matteo Zuppi sprach von den Teilnehmern des Friedenstreffens als einer "Karawane von Männern und Frauen verschiedenen Glaubens, von Menschen guten Willens, die ein Netz der Freundschaft und einer wahren Kommunikation bilden, ein Reservoir an guter Luft und an Beziehungen in einer Welt, die durch so viel Intoleranz verschmutzt ist und deshalb Mühe hat, sich zu verständigen."

Einsatz für Geflüchtete

Bei der Eröffnungsveranstaltung im Kongresszentrum in der Bologneser Messe sprachen auch der Präsident des europäischen Parlaments Antonio Tajani, der Großimam der Al-Azhar-Universität Ahmad Al-Tayyeb, der Oberrabbiner Frankreichs Haim Korsia und der ehemaligen Präsident der Europäischen Kommission Romano Prodi ("hier wird Solidarität aufgebaut, die Bedingung für den Frieden ist").

An die Tragödie des Krieges in Syrien erinnerte Nour Essa, eine syrische Frau, die als Geflüchtete nach Italien kam. Sie war zusammen mit anderen Flüchtlingen in dem Flugzeug, das Papst Franziskus nach seinem Besuch auf der Insel Lesbos nach Rom brachte. Seitdem kümmert sich die Gemeinschaft Sant’Egidio um sie, wie auch um 1700 weitere Flüchtlinge, die vor Hunger und Krieg geflohen sind und mit Hilfe des Projekts der Humanitären Korridore nach Europa reisen konnten, das auch eine Brücke des Friedens bedeutet.

Humanitären Korridore für Menschen aus Notsituationen

Vor allem die Länder Frankreich, Italien und Belgien seien an dem Projekt beteiligt. Es gehe darum, Menschen aus Notsituationen, traumatisierte Menschen oder alleinstehende Frauen mit Kindern aus großen Flüchtlingscamps im Libanon oder der Türkei auf sicherem Weg nach Europa zu bringen, um ihnen eine Möglichkeit zu geben hier ein neues Leben anzufangen, berichtete Matthias Leineweber von der Gemeinschaft Sant'Egidio im DOMRADIO.DE-Interview über das Projekt der Humanitären Korridore.

34 Panels finden bei dem Treffen in Bologna statt, die alle von einem Geist der Öffnung und des Dialogs geprägt sind. "Mit dem Dialog werden die Trümmer der Welt, gefährliche Atome und eingestürzte Brücken wieder aufgebaut", so Andrea Riccardi.

(Sant’Egidio)


Quelle:
DR