Gemeindereferent lobt ökumenische Trauer-Angebote in Aschaffenburg

"Ein Ort, wo man das abladen kann"

Kirche ist der richtige Ort, um nach unbegreiflichen Taten zusammenzukommen, meint der Gemeindereferent Burkard Vogt. Viele Aschaffenburger nutzten die seelsorglichen Angebote, um gemeinsam zu beten und zu weinen.

Autor/in:
Katharina Geiger
Eine Kerze für den getöteten zweijährigen Jungen in Aschaffenburg / ©  Ralf Hettler (dpa)
Eine Kerze für den getöteten zweijährigen Jungen in Aschaffenburg / © Ralf Hettler ( dpa )

DOMRADIO.DE: Am Donnerstagabend fand in der evangelischen Pauluskirche in Aschaffenburg ein ökumenischer Gottesdienst statt, angeboten von der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen. Wie haben Sie den Gottesdienst erlebt? Ist es gelungen, Worte und Gebete zu finden, um die Trauer auszudrücken? 

Burkard Vogt (Medienhaus des Bistums Würzburg und Gemeindereferent): Ja, es ist gelungen. Der Gottesdienst war schon länger geplant, weil wir uns in der Gebetswoche um die Einheit der Christen befinden. Aber er wurde aus gegebenen Anlass umgestaltet. Der evangelische Dekan hat gute Worte gefunden. Es war die Rede davon, dass ein Stich ins Herz der Stadt passiert ist. So hat es auch die Tageszeitung in der Titelgeschichte geschrieben. 

Genau dieses Gefühl haben, glaube ich, alle Menschen in Aschaffenburg. Sie leiden mit und denken an die Opfer. In dem Gottesdienst hat er auch aufgezählt, wo überall kirchliche Einrichtungen, hauptamtliche und ehrenamtliche Mitarbeiter versucht haben, ein bisschen bei der Aufarbeitung zu helfen. 

Burkard Vogt

"Wir haben Bistrotische in dem Park in der Nähe des Tatorts aufgestellt und angeboten, dass Menschen dort das Gespräch suchen können. "

DOMRADIO.DE: Wie wichtig ist es, dass es jetzt Orte gibt, an denen die Menschen in Aschaffenburg ihre Trauer teilen können? 

Vogt: Das ist unheimlich wichtig, und dafür ist Kirche auch ein guter Anbieter. Es gab zum Beispiel eine spontane Aktion der ökumenischen Telefonseelsorge zusammen mit den Mitarbeitern des ökumenischen Kirchenladens. Wir haben Bistrotische in dem Park in der Nähe des Tatorts aufgestellt und angeboten, dass Menschen dort das Gespräch suchen können. 

Die Trauer in Aschaffenburg sitzt tief / © Daniel Vogl (dpa)
Die Trauer in Aschaffenburg sitzt tief / © Daniel Vogl ( dpa )

Es hat auch schon am Mittwochabend einen ökumenischen Gottesdienst gegeben, da wurden Kerzen für die Menschen entzündet, es wurde für die Menschen gebetet, die unmittelbar betroffen sind. Alle haben hinterher gesagt, dass es einfach gut tut, einen Ort zu haben, wo man das abladen kann. 

Burkard Vogt

"Ich höre aus kirchlichen Kreisen viel Kritik daran, wie zum Teil damit umgegangen wird."

DOMRADIO.DE: Nach dem Attentat von Magdeburg konnte man erleben, wie die Stadtgemeinschaft zusammengerückt ist, auch gegen jene Kräfte, die so eine grausame Tat für ihre politischen Ziele instrumentalisieren. Erleben Sie etwas Ähnliches in Aschaffenburg? 

Vogt: Ja, das ist gerade in einer spannenden Phase. Ich höre aus kirchlichen Kreisen viel Kritik daran, wie zum Teil damit umgegangen wird. Es gibt in der Politik Schuldzuweisungen, die hin- und herfliegen. Es gab erste Protestdemonstrationen in Aschaffenburg, und in den sogenannten sozialen Medien geht es heiß her. 

Es herrscht Ratlosigkeit darüber, wie man mit so was umgeht, denn offensichtlich nutzen das manche für ihre Zwecke aus. Der evangelische Dekan hat gesagt, er hält es für wichtig, dass Kirche auch dagegen hält und dass Kirche kritische Fragen stellt. Aber es müsste erst mal eine Zeit der Stille und der Besinnung geben. Die Geschehnisse müssen erst mal aufgearbeitet werden.

Trauernde suchen den Tatort in einem Aschaffenburger Park auf / © Daniel Löb (dpa)
Trauernde suchen den Tatort in einem Aschaffenburger Park auf / © Daniel Löb ( dpa )

DOMRADIO.DE: Wie wichtig ist es , dass Seelsorgerinnen und Seelsorger für die Menschen da sind?

Vogt: Es ist wichtig, dass es so eine Anlaufstelle gibt. In den Park kommen aktuell viele Menschen, die nur Blumen ablegen wollen. Man hat auch viele Tränen gesehen. Bei der Kranzniederlegung der Stadt waren zum Teil Schülergruppen da. Man merkt, wie die breite Öffentlichkeit betroffen ist und wie gut es ist, wenn dann jemand unkompliziert, ohne Anmeldeverfahren und Terminvergabe, einfach da ist und mit den Menschen spricht. 

Burkard Vogt

"Wir sollten den Menschen zeigen, dass es trotz des Leids auch ein Licht der Hoffnung gibt."

DOMRADIO.DE: Immer wieder wird die große Frage gestellt: Wie kann Gott es zulassen, dass ein unschuldiges kleines Kind so brutal ermordet worden ist? Sie sind als Gemeindereferent auch Seelsorger. Was sagen Sie den Menschen? 

Vogt: Ich sage zunächst einmal, dass so etwas mit Gott nicht in erster Linie zu tun hat. Menschen tun sich gegenseitig so etwas an. Am Ende ist auch unser Gott in Form von Jesus am Kreuz gestorben, weil Menschen ihm so was angetan haben. 

Unsere Aufgabe ist es, Gott dadurch gegenwärtig zu machen, dass wir jetzt die, die leiden, nicht alleine lassen, sondern bei ihnen sind. Das ist für mich die religiöse Motivation. Wir sollten den Menschen zeigen, dass es trotz des Leids auch ein Licht der Hoffnung gibt. 

Das Interview führte Katharina Geiger.

Quelle:
DR

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