Gemeinde hofft nach Zerstörung am 11. September auf Wiederaufbau

Ground Zeros fast vergessenes Gotteshaus

Im Windschatten der Debatte um die Moschee am Ground Zero in New York könnte möglicherweise ein anderes Bauprojekt an Fahrt gewinnen - eines, das schon weitgehend in Vergessenheit geraten schien.

Autor/in:
Ronald Gerste
 (DR)

Der Streit um das geplante islamische Zentrum in New York, nur zwei Blocks vom ehemaligen Standort des World Trade Centers entfernt, nimmt vorerst nicht an Schärfe ab. Der als gemäßigt beschriebene Imam, der in der dortigen Moschee künftig zum Gebet rufen soll, sprach in einem erst jüngst veröffentlichten Interview kurz nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 leicht nebulös von einer Mitschuld der USA an den Ereignissen. Das macht die Argumentation der Moschee-Befürworter, in erster Reihe Bürgermeister Michael Bloomberg, nicht leichter. Der katholische Erzbischof der Stadt, Timothy Dolan, hat nun gemeinsam mit Gouverneur David Paterson dazu aufgerufen, nach den Protesten zu einem "gesunden Dialog" zurückzufinden.

Im Windschatten der Debatte um die Moschee könnte möglicherweise ein anderes Bauprojekt an Fahrt gewinnen, das schon weitgehend in Vergessenheit geraten schien. Am 11. September 2001 wurden nicht nur die Zwillingstürme des World Trade Center sowie ein angrenzendes Bürohochhaus zerstört. Auch ein Gotteshaus in unmittelbarer Nachbarschaft zum "Ground Zero" fiel den Anschlägen zum Opfer: die griechisch-orthodoxe Kirche St. Nicolas. Am einstigen Standort des einzigen Sakralgebäudes, das am 11. September zerstört wurde, haben Bischof Andonios von Phasiane, der Kanzler der griechisch-orthodoxen Erzdiözese von Amerika und mehrere republikanische Politiker jetzt zum Wiederaufbau der Kirche aufgerufen.

Bereits vor zwei Jahren hatte die Stadt New York der orthodoxen Gemeinde 20 Millionen Dollar Unterstützung (Tageskurs 16 Millionen Euro) versprochen. Doch wurde die Summe wegen Streitigkeiten um den genauen Standort der neuen Nikolauskirche nie ausgezahlt. Unter den Griechisch-Orthodoxen hatte sich in den vergangenen Wochen der Eindruck verfestigt, dass "die Regierung" - was sich in diesem Fall auf das New Yorker Rathaus unter Bloombergs Leitung als auch auf die Obama-Administration beziehen kann - dem islamischen Bauprojekt weitaus positiver gegenüber stehe als dem der christlichen Gemeinde.

Anliegen Nummer eins: die Kirche wieder aufbauen
Bischof Andonios wollte zum Moscheestreit nicht Stellung nehmen. In einem Interview spielte er aber versteckt darauf an, wie schnell Islamkritik ("bigott" werden Gegner der Ground-Zero-Moschee in liberalen amerikanischen Medien inzwischen fast automatisch genannt) mundtot gemacht werde: "Wir wollen auf keinen Fall etwas sagen, was die Pläne für den Wiederaufbau unserer Kirche gefährdet. Das ist unser Anliegen Nummer eins: die Kirche wieder aufzubauen."

So zurückhaltend sind die politischen Unterstützer des Bischofs nicht. Der ehemalige New Yorker Gouverneur George Pataki warf der für Ground Zero zuständigen Behörde vor, den im Umgang mit den Muslimen so gern gepriesenen Dialog mit der griechisch-orthodoxen Kirche gar nicht erst zu suchen. Auch wisse man nicht, so Pataki, wer das islamische Zentrum bezahle, wer ideologisch dahinter stehe. Für den New Yorker Kongresskandidaten George Demos, der gleichfalls den Wiederaufbau von St. Nicolas unterstützt, ist der Finanzierer - so zitiert ihn zumindest die "New York Times" - kein Geheimnis: Saudi-Arabien, ein Land, in dem man weder ein Kruzifix noch einen Davidstern tragen dürfe.

Für die orthodoxe Nikolauskirche steht die Frage der Finanzierung durch andere Länder nicht im Raum. Sie soll aus Mitteln der Gemeinde entstehen - und einer erhofften Unterstützung durch die Stadt New York.