Geldstrafen für drei Bankkunden nach unterlassener Hilfeleistung

 (DR)

Das Amtsgericht Essen-Borbeck hat drei Bankkunden wegen unterlassener Hilfeleistung zu Geldstrafen zwischen 2.400 und 3.600 Euro verurteilt. Der Strafrichter sah es als erwiesen an, dass die Angeklagten - eine Frau und zwei Männer - einem 83-jährigen Mann nicht geholfen haben, der unübersehbar hilflos in dem Vorraum einer Bankfiliale auf dem Boden lag, entschied das Gericht am Montag in Essen. Gegen einen vierten Angeklagten wurde das Verfahren abgetrennt, da sein Gesundheitszustand geprüft werden müsse. Erst ein fünfter Kunde rief per Handy einen Rettungswagen, der den Rentner ins Krankenhaus brachte. Dort starb er eine Woche später. Die zeitliche Verzögerung habe den tödlichen Krankheitsverlauf nicht beeinflusst, so das Gericht.

Durch die Überwachungsvideos sei der Tathergang vom 3. Oktober 2016 lückenlos aufgeklärt worden, hieß es. Daher ließ der Strafrichter den Einwand der Angeklagten nicht gelten, sie hätten den Mann für einen schlafenden Obdachlosen gehalten. Weil der Mann offen sichtbar in unmittelbarer Nähe der Bankautomaten lag, hätte es für die Angeklagten keinen vernünftigen Zweifel geben können, dass hier ein Unglücksfall vorlag und eine Hilfeleistung erforderlich war. Bei der Strafzumessung sei berücksichtigt worden, dass alle Angeklagten bisher nicht vorbestraft waren.

Laut Gericht haben sich die Frau und die beiden Männer gegenüber der hilflosen Person "in nicht hinnehmbarer Weise gleichgültig verhalten". Die weibliche Angeklagte sei an dem hilflosen Mann vorbei gegangen, "ohne mit der Wimper zu zucken". Dies habe sich strafverschärfend ausgewirkt. Sie erhielt eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen, während die beiden Männer mit je 80 Tagessätzen belegt wurden.

Insgesamt wertete der Strafrichter das Verhalten der Angeklagten als ein Augenblicksversagen, weil sie alle andere Dinge im Kopf gehabt hätten, hieß es. Möglich gewesen wären auch Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr. Die 39-Jährige sowie die 55- und 61-Jährigen hatten ihr Verhalten im Prozess bedauert. Der Fall hatte bundesweit Diskussionen über eine Verrohung der Gesellschaft ausgelöst. Auch der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck hatte sich betroffen gezeigt. "Mir geht dieser tragische Fall von unterlassener Hilfeleistung sehr nahe", erklärte er im Oktober. "Ich glaube ganz fest, dass ohne echte Barmherzigkeit keine Gesellschaft letztlich existieren kann." (kna/Stand 19.09.2017)