Bundesagentur: Viele Altenpflegekräfte arbeiten für Niedriglohn

Gehälter steigen nur langsam

Sie sind Helden, die weiter für Niedriglohn arbeiten. Trotz Corona-Bonus und alternder Gesellschaft verdienen Altenpflegekräfte weiterhin unterdurchschnittlich.

Autor/in:
Christoph Arens
Altenpflege in Corona-Zeiten / © Olena Yakobchuk (shutterstock)
Altenpflege in Corona-Zeiten / © Olena Yakobchuk ( shutterstock )

Altenpflegekräfte werden händeringend gesucht - und in Zeiten von Corona als Helden und als systemrelevant gelobt. Doch schlägt sich der Mangel - noch - nicht bei der Lohnentwicklung nieder. Das jedenfalls geht aus Zahlen der Bundesagentur für Arbeit hervor, die dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Montag) vorliegen.

Demnach verdienen bundesweit 28,3 Prozent der vollzeitbeschäftigten Altenpflegekräfte nur einen Niedriglohn. Große Unterschiede gibt es dabei zwischen Ost- und Westdeutschland: In Westdeutschland liegt der Anteil der Niedriglohnbeschäftigten bei etwa einem Viertel (25,3 Prozent) - im Osten weit höher bei 40,7 Prozent. Zum Niedriglohnbereich gehört, wer als Vollzeitbeschäftigter weniger als zwei Drittel des Medianentgelts aller Vollzeitbeschäftigten in seiner Branche erzielt.

Altenpflegehelfer ohne Ausbildung besonders schlecht bezahlt

Von niedrigen Löhnen besonders betroffen sind Altenpflegehelfer, die keine oder nur eine eingeschränkte Ausbildung vorweisen können. Hier arbeiten 58 Prozent im Niedriglohnsektor. Im Osten liegt der Anteil sogar bei 78,5 Prozent. Besonders häufig sind davon ausländische Pflegekräfte betroffen: Bundesweit arbeiten 25,6 Prozent der vollzeitbeschäftigten deutschen Altenpfleger im Niedriglohnsektor, aber 42,6 Prozent der Ausländer.

Laut Bundesagentur gibt es insgesamt rund 601.000 Vollzeitbeschäftigte in der Altenpflege. Davon sind 314.000 als examinierte Fachkraft tätig, 287.000 gehen einer Tätigkeit als Altenpflegehelfer nach. Erschwerend bei der Betrachtung der Gehälter kommt hinzu, dass 56 Prozent aller Altenpflegekräfte in Teilzeit tätig sind.

"Die Beschäftigten im gesellschaftlich enorm wichtigen Tätigkeitsfeld der Altenpflege tragen ein überdurchschnittliches Risiko, trotz Arbeit arm zu sein", hieß es im vergangenen Jahr in einer Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Das sei eine schwere Hypothek für die Arbeitskräftesicherung in der Altenpflege.

Zerklüfteter Arbeitsmarkt mitschuldig an Bedingungen

Dass das so ist, hängt auch mit dem zerklüfteten Markt der Altenpflege zusammen: Anbieter sind Kommunen, Wohlfahrtsverbände und Kirchen; knapp die Hälfte der Pflegeheime ist in privater Trägerschaft, darunter börsennotierte Konzerne, aber auch kleine Familienbetriebe. Anders als in anderen Branchen gibt es keinen Flächentarifvertrag und keine starken Arbeitgeberverbände und Arbeitnehmerorganisationen, die in eigener Verantwortung Tarifverträge aushandeln. Bislang arbeiten laut Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) nur 20 Prozent der Beschäftigten in der Altenpflege tarifgebunden - plus diejenigen, die nach einem kirchlichen Tarif bezahlt werden.

Fest steht allerdings auch: Statistisch haben die Löhne in der Altenpflege zuletzt zugelegt - prozentual etwas stärker als andere Berufe. Nach dem von der Bundesagentur für Arbeit im Sommer veröffentlichten Entgeltatlas ist der durchschnittliche Lohn für vollzeitbeschäftigte Altenpflegefachkräfte von 2.877 Euro (2018) auf 3.032 Euro (2019) um 5,39 Prozent gestiegen. Für Altenpflegehelfer belief sich das mittlere Entgelt auf 2.146 Euro. Damit bewegt sich die Altenpflege weiterhin deutlich unter der Krankenpflege und auch unter dem mittleren Gehalt für alle Branchen. Es lag 2019 bei 3.401 Euro.

Dazu kommt, dass im Januar 2020 die Mindestlohnkommission einen deutlichen Anstieg der Mindestlöhne in der Altenpflege beschlossen hat. Der Mindestlohn für Hilfskräfte soll in vier Schritten bis zum 1. April 2022 auf 12,55 Euro angehoben werden. Die seit Langem geforderte Ost-West-Angleichung soll zum 1. September 2021 auf dann 12 Euro erfolgen. Ab dem 1. Juli 2021 soll es zudem erstmals einen Mindestlohn für Pflegefachkräfte von 15 Euro geben.

Aus Sicht des Bundesverbands privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) wird der Markt es richten: Der Wettbewerb und der Mangel an Pflegekräften werde auch in Zukunft für höhere Löhne in der Altenpflege sorgen - und damit den Pflegeberuf in der alternden Gesellschaft attraktiver machen, heißt es. Die privaten Arbeitgeber wenden sich deshalb kategorisch gegen die Einführung eines flächendeckenden Tarifvertrags, auf den auch die Bundesregierung setzt.


Quelle:
KNA