Gedenkstätte für das ehemalige KZ Esterwegen im Emsland eröffnet

Die "Hölle im Moor"

"Die Hölle im Moor" nannten die Lager im Emsland in der NS-Zeit die Häftlinge. Hunderttausende waren inhaftiert, unter ihnen der spätere Friedensnobelpreisträger Carl von Ossietzky. Eine Gedenk- und Dokumentationsstätte erinnert nun an das ehemalige Konzentrationslager Esterwegen.

 (DR)

Kulturstaatsminister Bernd Neumann dankte bei der Eröffnung am Montag (31.10.2011) den überlebenden Häftlingen, die aus ganz Europa angereist waren: "Niemand kann wieder gutmachen, was Sie erlitten haben", unterstrich der Vertreter der Bundesregierung. Die mehr als 600 Gäste, unter ihnen viele Zeitzeugen, schritten in einem langen Zug über die alte Lagerstraße zu einer Stahlwand am westlichen Ende der Gedenkstätte. Auf der Wand sind die Namen aller 15 Moorlager angebracht. Dort waren von 1933 bis 1945 insgesamt rund 80.000 KZ-Häftlinge und Strafgefangene und bis zu 180.000 Kriegsgefangene inhaftiert. Prominentester Häftling war der spätere Friedensnobelpreisträger Carl von Ossietzky. Als Gefangener mit der Nummer 562 litt der Journalist und NS-Gegner dort von 1934 bis 1936.



An der Eröffnung nahmen auch der Osnabrücker katholische Bischof Franz-Josef Bode, der evangelische Landesbischof Ralf Meister und Landesrabbiner Jonah Sievers teil. Für Bode leistet die neue Gedenkstätte einen wichtigen Beitrag zur Aufarbeitung der deutschen NS-Vergangenheit. "Das schreiende Unrecht und die unvorstellbaren Leiden dürfen nicht vergessen werden", sagte er der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Es müsse deutlich bleiben, "welche Gewalt bis heute menschenmöglich ist und dass alles getan werden muss, so etwas immer wieder zu verhindern", so der Bischof.



"Wir waren keine Menschen, sondern nur Nummern"

Der ehemalige belgische Häftling Hendrik Verheyen rang während seiner Ansprache mit der Fassung: "Wir waren im Dritten Reich keine Menschen, sondern nur Nummern", sagte er. Bislang hätten die Gestorbenen nur im Herzen ihrer Mithäftlinge einen Platz gehabt. "Aber jetzt haben sie auch noch einen Platz an dem Ort, wo sie gelitten haben. Es gibt uns das köstliche Gefühl, dass all das Erlittene, all unsere Opfer, nicht umsonst gewesen sind."



Verheyen war ein "Nacht-und-Nebel-Gefangenener". So wurden die Widerstandskämpfer in den von Deutschen besetzten Gebieten genannt, die so plötzlich verhaftet wurden, dass für die Angehörigen zunächst jede Spur von ihnen fehlte.



Die neue Gedenkstätte wurde auf dem Gelände des einstigen Lagers erreichtet, von dem nur noch ein paar Spuren erhalten sind. Jetzt zeichnen große rostüberzogene Stahlplatten die Lagermauer, Wachtürme und Tore nach. Wo einst die Baracken für jeweils mehr als 100 Männer standen, wachsen in deren Umrissen junge Bäume. Einzelne Schautafeln zeigen Originalfotos und Zitate ehemaliger Gefangener.



Viele politische Gefangenen

Der Bochumer Historiker Bernd Faulenbach betonte die Bedeutung von Esterwegen für alle weiteren KZs der NS-Zeit. Esterwegen und Börgermoor seien die ersten systematisch geplanten Lager gewesen. Besonders in Esterwegen seien viele politische Gefangenen inhaftiert gewesen, sagte Faulenbach.



Neben Ossietzky waren dies beispielsweise der SPD-Fraktionsvorsitzende im preußischen Landtag, Ernst Heilmann, und der Reichstagsabgeordnete und politische Lehrer des späteren Bundeskanzlers Willy Brandt, Julius Leber. "Keine Frage: Ein Teil der demokratischen Elite dieses Landes war in diesen Lagern eingesperrt", resümierte Faulhaber.



McAllister sagte, die Gedenkstätte solle ein Ort des Lernens sein. Die Forschung in der Gedenkstätte reiße die Opfer aus ihrer Anonymität. "Erinnern ist wesentliche Voraussetzung für die Entwicklung der Zukunft in Frieden", unterstrich der CDU-Politiker.