Gedanke an Pflegeheim löst bei vielen Unwohlsein aus

Das Pflegeheim als letzte Möglichkeit?

Mit 89 Prozent will eine große Mehrheit der Deutschen laut einer Umfrage im Bedarfsfall zu Hause gepflegt werden. 56 wünschen sich zudem, falls die Situation es zulässt, Pflege durch Angehörige.

Autor/in:
Paula Konersmann
Eine Frau geht auf einen Rollator gestützt über einen Flur in einem Caritas-Altenzentrum in Köln / © Harald Oppitz (KNA)
Eine Frau geht auf einen Rollator gestützt über einen Flur in einem Caritas-Altenzentrum in Köln / © Harald Oppitz ( KNA )

Das geht aus der repräsentativen Umfrage hervor, die die Deutsche Stiftung Patientenschutz am Sonntag veröffentlichte. 33 Prozent wären auch mit einer Pflege durch professionelles Personal in den eigenen vier Wänden einverstanden. Nur 9 Prozent würden das häusliche Umfeld zugunsten eines Heims verlassen wollen.

Mit steigendem Alter wachse der Wunsch nach Pflege durch Angehörige, wie es weiter hieß. Insgesamt äußerten ihn 56 Prozent der Befragten, bei denjenigen über 60 Jahren waren es 59 Prozent. Soziodemografische Unterschiede zeigten sich kaum, wie es hieß: Frauen tendierten etwas stärker zur Pflege durch Angehörige (57 gegenüber 55 Prozent), Männer zur Heimpflege (11 gegenüber 7 Prozent). Auch verstärke sich mit zunehmendem Alter der Wunsch, möglichst lange zu Hause leben zu können. 88 Prozent erklärten, nur dann in ein Pflegeheim gehen zu wollen, wenn eine Pflege zu Hause nicht mehr möglich wäre.

"Lieber tot als Pflegeheim"

Wenn nur noch die Wahl zwischen einem Pflegeheim und einem begleiteten Suizid bestünde, würden sich demnach 54 Prozent der Befragten für ein Heim entscheiden. Dass 30 Prozent eine Beihilfe zur Selbsttötung wählen würden, bezeichnete Patientenschützer Eugen Brysch als dramatisch. Diese hohe Quote drücke "große Angst vor dem Ende sowie Unwohlsein beim Pflegeheim-Gedanken" aus. Jeder fünfte (16 Prozent) bezeichnete diese Entscheidung als zu schwierig. Unterschiede zwischen den Geschlechtern oder bei den unterschiedlichen Bildungsgruppen seien in dieser Frage nicht nachweisbar.

"Lieber tot als Pflegeheim" - diese Tendenz müsse ein Weckruf für die Bundesregierung sein, mahnte Brysch. Die Altenpflege müsse "endlich zukunftssicher, generationsgerecht und Würde wahrend" gestaltet werden. "Doch bisher herrschen hier Mangelverwaltung und zu viel politische Ignoranz."

Das Grundrecht auf selbstbestimmtes Sterben

Die Umfrage wurde nach Worten von Stiftungsvorstand Brysch vor dem Hintergrund der laufenden Debatte um assistierten Suizid durchgeführt. Die drei vorliegenden Gesetzentwürfe fokussierten "auf die Herausforderungen bei der Ermittlung des freien Willens des Sterbewilligen. Doch vor dem Hintergrund der Umfragen bestehen erhebliche Zweifel, ob Beratungen tatsächlich das leisten können."

Das Bundesverfassungsgericht hatte die Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung des Suizids im Februar 2020 gekippt und ein Grundrecht auf selbstbestimmtes Sterben formuliert - und zwar unabhängig von Alter oder Krankheit. Zugleich legten die Richter dem Gesetzgeber nahe, Missbrauch durch Schutzkonzepte zu verhindern. Mitte Juni debattierte der Bundestag in Erster Lesung über drei Gesetzesentwürfe. Zudem gab es eine Orientierungsdebatte über eine neue Regelung, aber noch keinen Termin für die Anhörung von Sachverständigen.

In der Umfrage spielte unterdessen das Alter für einen "optimalen Übergangszeitpunkt" in ein Pflegeheim keine Rolle, wie es weiter hieß. Nur jeder Zehnte konnte sich demnach vorstellen, zu einem früheren Zeitpunkt dorthin zu ziehen als erst dann, wenn es nicht mehr anders gehe. Den Angaben zufolge wurden Mitte August insgesamt 1.007 Menschen repräsentativ in Telefoninterviews befragt.

Quelle:
KNA