Warum Frauen im Mittelalter im Kloster bereits weltliche Macht hatten

Gebildet und mit Verantwortung

Im Kölner Kloster Sankt Cäcilien lebten im Mittelalter Augustiner-Chorfrauen. Ihr Wirken ist in einer Handschrift festgehalten, die nun erforscht wurde. Diese zeigt, wie sich Frauen damals durch die Religion einen gewissen Einfluss verschaffen konnten.

Die Cäcilienkirche mit Anbau / © Jörg Loeffke (KNA)
Die Cäcilienkirche mit Anbau / © Jörg Loeffke ( KNA )

DOMRADIO.DE: Im 15. Jahrhundert lebten Augustiner-Chorfrauen in Sankt Cäcilien in Köln. Was sind das für Frauen gewesen?

Tobias Kanngießer (Referent für geistliche Leitung im Kolpingwerk): Groß geworden sind die meisten von ihnen im 15. Jahrhundert in Familien aus der Oberschicht in Köln. Sie waren religiös und sind aus ihren Familien heraus ins Kloster gegangen. Im Kloster haben sie für die Familie gebetet und für das geistliche Leben gesorgt. Es waren durchaus gebildete Frauen oder Frauen, die im Kloster auch Bildung bekommen haben.

DOMRADIO.DE: Das Klosterleben war damals auch geprägt von Krieg und sogar von Streitereien. Was war damals los im Kloster Cäcilien?

Kanngießer: Das Kloster Sankt Cäcilien war Ende des 15. Jahrhunderts ein adliges und weltliches Damen-Stift. Damals lebte dort nur noch die Äbtissin Elsa von Reichenstein mit einer Novizin und einer Magd. Die Augustiner-Chorfrauen lebten zu der Zeit noch in einem anderen Kloster und wurden obdachlos. Deren Kloster sollte abgerissen werden.

Der Kölner Senat teilte Elsa von Reichenstein mit, dass sie die Augustinerinnen aufnehmen müsse. Doch die protestierte und hat - den Urkunden zumindest nach - die Türen verbarrikadiert und sich verschanzt und auch Beistand beim Papst gesucht und hier im Kölner Klerus. Das war der Streit damals.

DOMRADIO.DE: Frauen hatten damals auch schon als Äbtissin in der Kirche eine sehr machtvolle Position. Wie war denn die Bedeutung der Frauen in der Kirche damals insgesamt?

Kanngießer: Gerade die Religion war für Frauen eine Möglichkeit, sich etwas Selbstbestimmung und einen gewissen Einfluss zu verschaffen. Die meisten herausragenden weiblichen Persönlichkeiten des Mittelalters stammen aus Klöstern und Stiften. Die Kloster- und Stiftsmauern trennten die Frauen von der Gesellschaft. Sie konnten weibliche Macht ausüben, indem sie etwa die Gebiete verwalteten oder als Oberinnen agierten. Das ist ja auch bis heute so.

Die Äbtissinnen kamen meistens aus adligen Familien oder aus der Königsfamilie und haben auch die Fürsorge für die Brüder übernommen, wenn die noch nicht mündig waren, um selber herrschen zu können. Dann sind sie ihre Vormünder gewesen.

Wie groß deren Einfluss war, das sieht man schon an der Anzahl der Stifte. Schon allein hier in Köln gab es bis zum 15. Jahrhundert drei bedeutende Damen-Stifte: Sankt Ursula, Sankt Cäcilien und Sankt Maria im Kapitol.

Das Interview führte Beatrice Steineke.


Quelle:
DR
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