Gauck erinnert an deutsche Mitschuld bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs

Aus der Geschichte wächst Verantwortung

Bundespräsident Gauck hat bei den Gedenkfeiern zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren Konsequenzen aus den historischen Erfahrungen angemahnt. Aus der Geschichte erwachse eine gemeinsame Verantwortung für die Welt.

 Belgiens König Philippe, Bundespräsident Gauck (rechts) (dpa)
Belgiens König Philippe, Bundespräsident Gauck (rechts) / ( dpa )

Bundespräsident Joachim Gauck hat zum Weltkriegsgedenken in Belgien die Europäischen Staaten an ihre gemeinsame Verantwortung für den Frieden in der Welt erinnert. "Wir können nicht gleichgültig bleiben, wenn Menschenrechte missachtet werden, wenn Gewalt angedroht oder ausgeübt werden", sagte Gauck am Montag im belgischen Lüttich bei einer Gedenkveranstaltung zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Aktuelle Konfliktherde wie den Nahen Osten oder die Ukraine nannte er nicht.

Zuvor hatte der Bundespräsident am Sonntag mit seinem Amtskollegen Francois Hollande den Grundstein für eine deutsch-französische Gedenkstätte in den Vogesen gelegt. Gauck sagte unter Bezug auf den verlustreichen Stellungskrieg, in der Region Elsass und Lothringen als dem "alten Herzland Europas" habe "Europa verraten, was seine Werte, seine Kultur, seine Zivilisation eigentlich ausmacht". Allein bei den Kämpfen am Hartmannsweilerkopf kamen zwischen 1914 und 1918 rund 20.000 Soldaten ums Leben.

Bei den Staatsbesuchen in Frankreich und Belgien betonte Gauck, die Europäische Union sei eine besondere Errungenschaft für den Frieden in Europa. Es dürfe nicht unterschätzt werden, dass kleinere und größere Mitgliedstaaten in der EU sich heutzutage auf eine gemeinsame Politik verständigen. Zugleich bekannte er sich zur deutschen Verantwortung für den Weltkrieg. Eine formelle Entschuldigung sprach er nicht aus.

In Lüttich verlangte Gauck Einsatz für "Freiheit und Recht, für Aufklärung und Toleranz, für Gerechtigkeit und Humanität". Millionen Menschen litten unter Gewalt und Terror oder seien auf der Flucht.

Immer noch würden politische, völkische oder religiöse Überzeugungen instrumentalisiert, um Gewalt und Mord zu rechtfertigen.

Am Montagnachmittag besuchte Gauck gemeinsam mit dem belgischen Königspaar Mathilde und Philippe die Universitätsstadt Löwen. Die deutschen Truppen hatten vom 25. bis 28. August 1914 die Stadt weitgehend zerstört, darunter auch die Universitätsbibliothek mit ihrem teils unersetzlichen Buch- und Handschriftenbestand. Der Bundespräsident enthüllte in der Alten Bibliothek eine Gedenkplakette und legte am Märtyrerdenkmal einen Kranz nieder.

Gauck erinnerte in Löwen daran, die Erhaltung des Friedens sei eine Verpflichtung im Gedenken an die Opfer des Krieges. Diese hätten "eine Erinnerung hinterlassen, die uns auffordert, dafür Sorge zu tragen, dass sich solches Erleben nicht wiederholt". Gemeinsame Werte bildeten heute die Basis für eine Europäische Union. In ihr begegneten sich Menschen friedlich und schützten Staaten gemeinsam ihre Werte und die Rechtsgemeinschaft. Dies gelte es zu erhalten und fortzusetzen, betonte Gauck.

Anlass der Staatsbesuche war das Gedenken an den Kriegsausbruch vor 100 Jahren. Am 3. August 1914 hatte Deutschland Frankreich den Krieg erklärt. In der Nacht darauf überfielen deutsche Soldaten das neutrale Belgien.


Quelle:
KNA