Gächinger Kantorei überzeugt mit neuer CD

Wieder Spitzenensemble

Hans-Christoph Rademann hat als Nachfolger des Bach-Experten Helmuth Rilling die Gächinger Kantorei vor knapp zwei Jahren übernommen. Nun zeigt das erste große gemeinsame CD-Projekt mit der Neueinspielung der h-moll-Messe von J. S. Bach überzeugende Ergebnisse. In „Musica“ gibt es die Besprechung der CD, die beim Carus-Verlag erschienen ist.

 (DR)

In enger Zusammenarbeit mit Musikforschern haben die Musiker neues Aufführungsmaterial verwendet, das wie die CD auch bei Carus-Verlag erschienen ist. Damit folgt die Einspielung streng den Original-Noten und nutzt die Partitur von 1748 und die so genannten Dresdner Stimmen für einen möglichst authentischen Notentext von Johann Sebastian Bach.

Das Problem bei der h–moll-Messe nämlich ist, dass sie nie zu Lebzeiten von Bach komplett aufgeführt wurde und es von daher kein Originales-Aufführungsmaterial gibt. Zudem wurde die Original-Handschrift durch Carl Philipp Emanuel Bach nach Bachs Tod erheblich überarbeitet. Der Carus-Verlag hat nun die h-moll-Messe komplett neu herausgegeben als Partitur, Klavierauszug, Stimmen fürs Orchester und mit der Möglichkeit verbunden, sich digital die Original-Partitur von Bach anzuschauen und verschiedenen Stellen im historischen Material leicht miteinander vergleichen zu können. Vor allem für Berufsmusiker sind dies echte Vorteile im Vergleich zum bisherigen Aufführungsmaterial.

Für Konzertbesucher und Bach-Liebhaber ist aber vor allem die Interpretation interessant, die Hans-Christoph Rademann mit der Gächinger Kantorei vorlegt. Obwohl er erst knapp zwei Jahre den Chor leitet, kann man schon seine klangliche Handschrift schon hören. Die Gächinger Kantorei singt vor allem sehr geschlossen, keine Stimme tritt übermäßig hervor, hervorragende Textverständlichkeit und eine insgesamt gute Intonation sorgen dafür, dass die Neueinspielung überzeugend ausfällt.

Das Freiburger Barock-Orchester zeigt auf der Aufnahme erneut seine Extra-Klasse. Herrliche Bläser, virtuose Streicher und eine fast schon jazzig anmutende Generalbass-Gruppe überzeugen einmal mehr.

Eine Frage des Geschmacks sind die Tempi bei der h-moll-Messe. Ein Trend bei Aufnahmen der letzten 10 Jahre ist, dass einige Teile deutlich rascher musiziert werden. Einerseits, weil so musikalische Linien leichter zu hören und Sinnzusammenhänge besser wahrnehmbar sind, und andererseits, weil schlicht die Ensembles alle besser geworden sind und überhaupt in der Lage sind, die nach wie nicht unheikle h-moll-Messe so flott aufzuführen.

Insgesamt ist die Neueinspielung sehr gelungen, nicht nur für Bach-Freunde ist diese Neuerscheinung absolut empfehlenswert. Vor allem die Deluxe-Ausgabe mit Zusatz-Aufnahmen und einer Bonus-DVD weitet erheblich den Blick auf die monumentale h-moll-Messe und zeigt den aktuellen Stand der Forschung.