G20 ringen um Finanzmarktregeln - Appelle von Hilfs- und Entwicklungsorganisationen

Armut und Klima

Bis Samstag ringen die Staats- und Regierungschefs der G20-Staaten im US-amerikanischen Pittsburgh um die Details einer neuen Weltfinanzordnung. Ein Thema des zweitägigen Treffens ist die Begrenzung von Manager-Boni. Im Vorfeld hatten Kirche und Hilfsorganisationen Schritte im Kampf gegen Armut und Klimawandel gefordert.

 (DR)

Die katholische Kirche in Deutschland hat die Staats- und Regierungschefs der G-20-Staaten zu klaren Vorgaben für Banken und für Bonuszahlungen an Manager aufgefordert. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, sagte am Freitag vor Journalisten in Fulda, der Gipfel im US-amerikanischen Pittsburgh müsse konkrete Ziele formulieren. Zollitsch äußerte sich dankbar für das Engagement von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei der Bewältigung der Krise.

Er erläuterte, es gehe beispielsweise um «Grenzziehungen» für Banken; so müsse festgelegt werden, wie viel Eigenkapital sie jeweils haben müssten. «Das Bankwesen muss ein sicheres Fundament bekommen, und Risikogeschäfte müssen eingedämmt werden», mahnte er. Bonuszahlungen an Manager müssten an dem Aspekt der Nachhaltigkeit ausgerichtet sein. Der Erzbischof sprach auch von einer notwendigen Weiterentwicklung der sozialen Marktwirtschaft.

Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel
In einem gemeinsamen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wandten sich der Evangelische Entwicklungsdienst (EED) und "Brot für die Welt" am Mittwoch gegen den Vorschlag der US-Regierung, zugesagte Milliardenhilfen der Industrieländer für arme Staaten in einem Hilfsfonds der Weltbank zu bündeln. Dies gefährde die notwendige Reform der UN-Welternährungsorganisation FAO, heißt es in dem Schreiben der in Bonn und Stuttgart ansässigen Organisationen.

Für den Dachverband deutscher Entwicklungsorganisationen (VENRO) gehört die Forderung nach einer Steuer auf Finanztransaktionen bei dem Gipfel "ganz oben auf die Agenda". Es dürfe nicht nur um die populäre Begrenzung von Managergehältern gehen. Zudem müssten die Staaten ein klares Bekenntnis zum Kampf gegen den Klimawandel geben.

Auch die Hilfsorganisation Oxfam forderte, die Bundesregierung solle sich für eine weltweite Besteuerung von Finanztransaktionen stark machen. "Damit würden diejenigen einen Ausgleich leisten, die für die Krise verantwortlich sind", sagte Oxfam-Entwicklungsexperte Tobias Hauschild in Berlin. Nach Zahlen von Oxfam geraten wegen der Wirtschafts- und Finanzkrise derzeit im Schnitt fast 100 Menschen pro Minute zusätzlich in extreme Armut. Der Klimawandel verschärfe diese Situation weiter.

"Geierfonds" die Basis entziehen
"Gipfelgeplauder füllt keine Mägen und macht kein Kind gesünder", erklärte das christliche Kinderhilfswerk World Vision in Friedrichsdorf. Nach dessen Angaben sterben jährlich in Entwicklungsländern fast 9 Millionen Kinder unter fünf Jahren an vermeidbaren oder behandelbaren Krankheiten. Eine halbe Million Mütter sterbe bei einer Geburt. World Vision forderte rund 10 Milliarden Euro zusätzlich, um 6 Millionen Kindern und 400.000 Müttern das Leben zu retten.

Das Bündnis erlassjahr.de rief zu einem "fairen und transparenten Insolvenzverfahren" für hoch verschuldete Entwicklungsländer auf.
Illegitime Schulden müssten gestrichen und "Geierfonds" die Basis entzogen werden, erklärte die Initiative. Sie sprach sich außerdem für die Schließung von Steueroasen und Rücküberweisungen der unterschlagenen Summen aus.

Die entwicklungspolitische Organisation ONE drängte darauf, Afrika ins Zentrum der Überlegungen zur Überwindung der Krise zu stellen und das dort vorhandene Potenzial stärker zu nutzen. Der Kontinent biete große Investitionschancen und sei ein unverzichtbarer Partner gegen die Klimaveränderung. ONE regte einen G-20-Gipfel in Afrika an, um dessen Bedeutung für die globale Entwicklung zu betonen.

Zusammenstöße zwischen Demonstranten und der Polizei
Auf dem G20-Gipfel wird ferner über eine bessere grenzübergreifende Finanzaufsicht beraten. Ziel ist es, dass künftig kein Produkt, keine Region und keine Bank ohne Kontrolle ist. Als gemeinsamer Wertekonsens soll eine Charta für nachhaltiges Wirtschaften entwickelt werden.

Wenige Stunden vor Eröffnung des Gipfels kam es in Pittsburgh zu ersten Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei. Wie die "Bild"-Zeitung berichtete, setzten Sicherheitskräfte Tränengas ein, um den Marsch eines nicht genehmigten Demonstrationszugs zum G-20-Tagungszentrum zu verhindern. An der Kundgebung nahmen den Angaben nach mehrere Hundert Menschen teil.