Fuldaer Bischof Algermissen wird verabschiedet

"Skandal der Kirchenspaltung" treibt ihn um

Fast 17 Jahre war er Bischof von Fulda. Nach dem Erreichen der Altersgrenze von 75 Jahren wird Heinz Josef Algermissen an diesem Sonntag offiziell verabschiedet.

Bischof em. Heinz Josef Algermissen / © Harald Oppitz (KNA)
Bischof em. Heinz Josef Algermissen / © Harald Oppitz ( KNA )

Es war ein guter Zeitpunkt, den Papst Franziskus für die Annahme des Rücktrittsgesuchs von Heinz Josef Algermissen (75) wählte. Der 5. Juni ist das Hochfest des heiligen Bonifatius und damit des Bistumspatrons. Aus Altersgründen endete so im Frühsommer nach fast 17 Jahren als Bischof eine Ära in Fulda.

Ambivalente Gefühle zum Abschied

Algermissen sagte damals, beim Abschied vom Bischofsamt habe er "ambivalente" Gefühle: Da sei einerseits eine "große Demut", weil er gerne Bischof gewesen sei, andererseits verspüre er Erleichterung und werde nun wohl auch "besser schlafen". Sein Ziel sei es gewesen, das "Bistum zusammenzuhalten in einer Zeit, wo vieles an die Peripherie abdriftet".

Die Kirche leidet laut Algermissen oft an mangelndem religiösen Wissen und Gleichgültigkeit selbst bei ihren Mitgliedern. "Wenn viele heute einen immer dichteren Vorhang vor den Himmel ziehen und die Emanzipation von Gott zum Programm erklären, sind wir dringend zur Gegenbewegung aufgerufen", so der Bischof.

Volle Einheit von katholischer und evangelischer Kirche

Zu seinem 75. Geburtstag zog Algermissen eine eher sorgenvolle Bilanz. Er forderte eine baldige, sichtbare und volle Einheit von katholischer und evangelischer Kirche, "weil wir diesen Skandal der Aufspaltung in Konfessionen nicht mehr lange durchhalten".

Es stelle sich "die bedrängende Frage, wie die Kirche ihre Sendung wahrnehmen kann, wenn die Christen untereinander nicht eins sind und der Skandal der Kirchenspaltung fortbesteht".

Algermissen sah sich auch insoweit als Hüter des im Fuldaer Dom begrabenen heiligen Bonifatius (672-754), des Apostels der Deutschen.

Bischofsamt, Friedenarbeit, Bioethik

Seit September 2001 stand Algermissen an der Spitze des osthessischen Bistums. 1943 in Hermeskeil bei Trier geboren, wurde er nach einem Theologie- und Philosophiestudium 1969 zum Priester und 1996 zum Bischof geweiht. Er war Paderborner Weihbischof, bevor er Bischof von Fulda wurde.

Als Präsident der deutschen Sektion der katholischen Friedensbewegung Pax Christi rief Algermissen die Bundesregierung auf, den Abzug aller Atomwaffen aus Deutschland zu beschließen. Ein bislang erfolgloser Appell.

Besorgt äußerte sich der Bischof immer wieder darüber, dass sich katholische und evangelische Kirche in wichtigen bioethischen Fragen - etwa beim Embryonenschutz - wieder voneinander entfernt hätten. Zudem beklagte er einen "praktischen Atheismus und Materialismus".

Nach seiner Bischofszeit will Algermissen nun viel reisen und viel lesen, etwa Friedrich Dürrenmatt oder Max Frisch. Zunehmend habe er den Eindruck, dass Literaten wie "Seismografen" seien, die gesellschaftliche Erschütterungen früher wahrnähmen als andere.

Algermissen: Christentum strahle "viel Verunsicherung" aus

Seit Juni führt Weihbischof Karlheinz Diez als Diözesanadministrator das Bistum, bis ein Nachfolger für Algermissen sein Amt angetreten hat. Aus der Öffentlichkeit hat sich dieser nicht zurückgezogen.

Beim Kongress "Freude am Glauben" des konservativen Forums Deutscher Katholiken bezog der emeritierte Bischof zuletzt pointiert Stellung. Er sei der Einschätzung, dass immer mehr Christen "vor dem Zeitgeist in die Knie" gingen, sagte er; die Christen seien zu einer Glaubensgemeinschaft geworden, die "viel Verunsicherung ausstrahlt sowie Ansprüche und Maßstäbe abgebaut hat".

Am Sonntag wird Algermissen nun auch offiziell verabschiedet. Es gibt einen feierliche Abschiedsgottesdienst mit anschließendem Empfang, zu den Gästen zählen hochrangige Kirchenvertreter wie der Münchner Kardinal Reinhard Marx und Papstbotschafter Erzbischof Nikola Eterovic. (Norbert Demuth/KNA)


Quelle:
KNA