US-Präsident Trump umwirbt die evangelikale Wählerschaft

"Für ihn eine ganz wichtige Gruppe"

In diesem Jahr stehen in den USA die Präsidentschaftswahlen an. US-Präsident Donald Trump versucht, sich die Unterstützung der evangelikalen Christen in den USA zu sichern. In Miami, Florida, startet er die Kampagne "Evangelicals for Trump".

Donald Trump / © Carolyn Kaster (dpa)
Donald Trump / © Carolyn Kaster ( dpa )

DOMRADIO.DE: Wie bedeutend sind die evangelikalen Christen für Trump?

Prof. Dr. Godehard Brüntrup SJ (Jesuitenpater und USA-Experte): Sie haben ihn mit über 80 Prozent gewählt. Es ist für ihn eine ganz wichtige Gruppe. Das ist die Gruppe, die am stärksten hinter ihm steht von allen religiösen Gruppen in den USA.

DOMRADIO.DE: Was zeichnet diese Gruppe besonders aus im Vergleich zu anderen Religionsgruppen?

Brüntrup: Es ist eine Gruppe, die bibelfundamentalistisch, also religiös konservativ ist und die auch größtenteils politisch sehr konservativ ist. Also ist es in unseren Maßstäben gemessen eine Gruppe, die in vielen Bereichen nahe sogar an das AfD-Lager rücken würde.

DOMRADIO.DE: Und passt das in dem Zusammenhang dann gut zur Politik von Donald Trump?

Brüntrup: Ja und nein. Die Wähler von Trump aus dem evangelikalen Lager sind meistens Menschen aus dem Süden und der Mitte der USA, die sich ökonomisch abgehängt fühlen und die im Schnitt weniger verdienen als sie in den 90er Jahren verdient haben. Sie sehen sich als Verlierer der Globalisierung und wollen deshalb eine andere Wirtschaftspolitik, die nationalistisch ist: America first. Und insofern gibt es eine Verbindung.

Auf der anderen Seite sehen sie als Christen natürlich, dass Trump überhaupt nicht so lebt, wie ein Christ leben sollte: mehrfach verheiratet, übergriffig gegenüber Frauen. Da ist eine Spannung, die die Evangelikalen in sich selber spüren, dass sie jemanden unterstützen, der eigentlich gar kein idealer Christ in seiner persönlichen Lebensführung ist.

DOMRADIO.DE: Trump brüstet sich ja damit, wie viel er für die Evangelikalen getan hat. Was ist da dran?

Brüntrup: Er hat sehr viel für sie getan, weil die Evangelikalen auch in moralischen, ethischen Fragen sehr konservativ sind. Zum Beispiel in der Abtreibungsfrage sind sie entschieden dafür, dass die bestehende Regelung in den USA abgeschafft werden soll. Und Trump hat, wie kein anderer Präsident vorher, konservative Richter ernannt, sodass jetzt die Chance besteht, dass die liberale Abtreibungsgesetzgebung vielleicht gekippt wird.

DOMRADIO.DE: Donald Trump bezeichnet ja auch das Impeachment, also das Amtsenthebungsverfahren, als Hexenjagd gegen ihn. Wird diese Einschätzung denn von seinen Anhängern geteilt?

Brüntrup: Ein prominenter Journalist einer evangelikalen Zeitung hat sich auf die Seite derjenigen geschlagen, die Trump des Amtes entheben wollen. Aber das ist auf nicht viel Widerhall gestoßen innerhalb der Bewegung der Evangelikalen. Die meisten stehen weiter hinter Trump und lehnen von daher auch das Impeachment als eine rein wahltaktische Maßnahme ab.

DOMRADIO.DE: Die Fernsehdebatten der demokratischen Präsidentschaftsbewerber laufen noch. Welche Eigenschaften muss ein erfolgreicher Kandidat denn mitbringen, der gegen Trump bestehen kann? Welche Eigenschaften muss ein Demokrat haben, der bei den Evangelikalen punkten kann?

Brüntrup: Jenen, die sich wirtschaftlich benachteiligt fühlen, müsste er oder sie sich annehmen. Zudem sind die Evangelikalen, die Trump wählen, größtenteils weiß und fühlen eine Angst, dass das Land überfremdet wird. Also müsste der Kandidat diese Angst vor dem Fremden aufnehmen und außerdem in entscheidenden Fragen politisch eher konservativ sein. Diese Mischung kann ein Demokrat praktisch nicht erreichen. Ich glaube, dass die weißen evangelikalen Wähler momentan für die Demokraten nicht zu haben sind. Anders sieht es bei Hispanics und bei den Schwarzen unter den Evangelikalen aus.


Prof. Dr. Godehard Brüntrup SJ (HfPH)
Prof. Dr. Godehard Brüntrup SJ / ( HfPH )
Quelle:
DR
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