Früherer ZdK-Präsident Meyer ist 75

Engagiert und hartnäckig

Zwölf Jahre lang - von 1997 bis 2009 - stand Hans Joachim Meyer als erster Ostdeutscher an der Spitze des ZdK - das war noch vor dem Missbrauchsskandal, der seinen Nachfolger Glück so stark beschäftigen sollte. Den vom Papst durchgesetzten Ausstieg der Kirche aus der Schwangerenkonfliktberatung bezeichnet Meyer als bitterste Erfahrung seiner Amtszeit.

Autor/in:
Christoph Arens
 (DR)

Sein Traumberuf: "Professor an einer Hochschule, wie sie sein sollte." Eine Karriere als Professor für Sprachwissenschaften hat Hans Joachim Meyer schon zu DDR-Zeiten erreicht. Als sächsischer Wissenschaftsminister versuchte der CDU-Politiker dann nach der Wende, seine Vorstellungen von einer guten Hochschule so weit durchzusetzen, wie das bei allen Sparzwängen möglich war. Bundesweit bekannt geworden aber ist der gebürtige Rostocker als Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK).



Meyer verteidigte Donum Vitae

Es sei doch dem Engagement der Kirche wesentlich mitzuverdanken, dass die Abtreibung in der Bundesrepublik nicht zu einer rechtlich gleichrangigen Option geworden sei. Das aber hätten der Papst und viele Kirchenvertreter nicht verstanden, bedauert der frühere ZdK-Präsident. Meyer verteidigt auch den von prominenten Katholiken gegründeten Verein "Donum Vitae", der Frauen in Schwangerschaftskonflikten berät und den vom Papst nicht erlaubten Beratungsschein ausstellt. Damit hätten Katholiken als Staatsbürger einen Weg gefunden, der sich nicht gegen Papst und Bischöfe richte. Diesem Einsatz verdankten viele Kinder ihr Leben, so Meyer.



Einer der Höhepunkte seiner Amtszeit war der Erste Ökumenische Kirchentag (ÖKT) 2003 in Berlin. Meyer bezeichnete das ökumenische Engagement als "die schönste und immer wieder ermutigende Erfahrung" seiner Präsidentschaft. "Hier kommen wir voran, weil wir von einer großen Hoffnung bewegt werden und zugleich allezeit einen kühlen Kopf bewahren". Dialogbereitschaft, aber auch Hartnäckigkeit und eine bisweilen harsche Wortwahl zeichneten Meyer aus. Dem Papst und den Bischöfen in allem gehorsam zu sein, hält er für "unkatholisch". Schließlich gehöre er nicht einer "Kommandokirche" an, betont er und fordert eine größere Mitsprache der Laien.



Hartnäckig und unabhängig

Auf Vorwürfe, das ZdK mische sich zu sehr in die Kompetenzen der Bischöfe ein, antwortete Meyer, das ZdK habe in erster Linie einen gesellschaftspolitischen Auftrag. "Es soll die Positionen der Katholiken zu Fragen wie der Familien-, der Bildungs- und der Sozialpolitik entwickeln und zusammenführen helfen." Andererseits hielt er durchaus daran fest, sich auch zum Innenleben der Kirche zu äußern. "Klar ist allerdings, dass dort die Bischöfe die Entscheidungen treffen."



Hartnäckigkeit und unabhängiges Denken - diese Eigenschaften kamen dem Sohn eines Apothekers und einer Lehrerin schon zu DDR-Zeiten zu Gute. Das Jurastudium musste er 1958 aus politischen Gründen abbrechen, ein Jahr später durfte sich Meyer für Anglistik und Geschichte in Ost-Berlin einschreiben. Trotz Distanz zum SED-Staat schaffte er es zum Professor der Sprachwissenschaften. Seit den 1970er Jahren engagierte sich der Katholik mit preußischer Ausstrahlung in der Kirche und lernte dort, "was eine freie und demokratische Debatte ist".



Nach der Wende leitete Meyer den "Gemeinsamen Aktionsausschuss katholischer Christen in der DDR" und wurde ins ZdK berufen. In dieser Zeit begann auch seine politische Karriere. Lothar de Maiziere (CDU) machte den unbelasteten Akademiker 1990 zum Wissenschafts- und Bildungsminister der letzten DDR-Regierung.



Nach seinem Ausscheiden als ZdK-Präsident ist Meyer weiter aktiv, auch im ZdK: In Berlin meldet er sich als katholische Stimme zu Wertefragen zu Wort. Etwa in der Debatte um das C in der CDU. Von seinen Parteifreunden wünscht er sich ein deutlicheres christliches Bekenntnis. Als Diaspora-Katholik aus der DDR fühle sich manches an der aktuellen Lage für ihn "vertraut" an. Der Diaspora-Situation dürfe man nicht mit Verbitterung begegnen, so Meyer. Man müsse sich zum Christentum bekennen.