Dominikanerin ordnet Thesen von Maria 2.0 ein

"Früher oder später brauchen wir ein Konzil"

Auf den bundesweiten Thesenanschlag der Frauenbewegung Maria 2.0 am vergangenen Sonntag an Kirchen- und Klostertüren gab es ein geteiltes Echo unter den Katholiken. Auch die Dominikanerin Sr. Barbara Offermann sieht es differenziert.

Thesenanschlag der Initiative Maria 2.0 / © Michael Althaus (KNA)
Thesenanschlag der Initiative Maria 2.0 / © Michael Althaus ( KNA )

DOMRADIO.DE: Wenn Sie auf die jüngste Aktion von Maria 2.0 blicken, was ist daran aus Ihrer Sicht gut und wichtig?

Sr. Barbara Offermann (Dominikanerin von Bethanien, Bergisch-Gladbach): Zunächst einmal finde ich Maria 2.0 insofern gut und wichtig, weil es Frauen sind, die katholisch bleiben wollen. Die wehren sich und schreien, weil sie sagen: "Wir sind gerne katholisch und wollen es bleiben". Das an sich finde ich schon mal super.

Es sind drei von den sieben Thesen, die ich am wichtigsten finde: "Wir haben alle Teil am Sendungsauftrag, Macht muss geteilt werden, weil das Problem der Klerikalismus ist". Das ist für mich eigentlich der wesentliche Punkt.

Dann gibt es die anderen beiden noch, dass die Taten sexualisierter Gewalt aufgeklärt werden müssen und dass die Kirche eine wertschätzende Haltung gegenüber der Sexualität und Partnerschaft haben muss. Das sind Punkte, die mir auch ganz wichtig sind.

DOMRADIO.DE: Sie selbst haben diese Thesen nicht an Ihrer Kirchentür aufgehängt. Sie sagen auch, dass die Maximalforderung Sie persönlich davon abhält, bei Maria 2.0 so richtig anzudocken und mitzumachen. Was genau meinen Sie damit?

Sr. Barbara: Es fängt ja leider nicht mit diesen drei genannten Punkten an, sondern beginnt mit der These: "In unserer Kirche haben alle Menschen Zugang zu allen Ämtern". Das ist die Forderung nach der Frauenordination. In der Form, wie die Forderung hier gestellt wird, kann ich das nicht unterschreiben.

Diese Forderung steht auf einem Plakat. Das heißt, die Forderung ist im wahrsten Sinn des Wortes plakativ. Es geht also mehr um die Form, wie diese Forderung gestellt wird. Kritisch sehe ich auch die Nummer fünf der Thesenliste: "In unserer Kirche ist die zölibatäre Lebensform keine Voraussetzung für die Ausübung eines Weiheamtes". Da geht es um den Pflichtzölibat für Priester. Darüber kann man trefflich streiten. Aber mir geht es eher um die Begründung, warum die Frauenbewegung das abschaffen will.

DOMRADIO.DE: Lassen Sie uns nochmal kurz zurückgehen zu den Weiheämtern für Frauen. Sie haben gesagt, dass sie das so in dieser Gänze nicht mittragen können. Wie ist das denn gemeint?

Sr. Barbara: Zum einen ist diese Forderung an sich etwas unrealistisch. 1994 hat Papst Johannes Paul II da eine definitive Aussage zu gemacht. Die ist inzwischen von Benedikt und von Franziskus bestätigt worden. Da muss man einfach klar sagen, wer die Frauenordination fordert, fordert ein neues Konzil. Vorher wird sich da nichts tun. Das muss man einfach klar sagen, da darf man keine falschen Hoffnungen wecken. Das ist das eine.

Das andere ist folgende Formulierung: "Menschenrechte und Grundgesetz garantieren allen Menschen gleiche Rechte. Nur die katholische Kirche ignoriert das." Das klingt so ein bisschen, als wären alle, die die gängige Praxis im Moment gut und richtig finden, von gestern, ein bisschen bescheuert und würden sich sogar einer illegalen Praxis anschließen. Und das stimmt ja so einfach nicht. Frauen haben in allen Religionen der Welt andere Rechte oder weniger Rechte als Männer. Im Islam, Judentum und sogar im Buddhismus ist das ja nicht anders als bei uns.

DOMRADIO.DE: Die Frage ist, ob es das besser macht...

Sr. Barbara: Na ja, das macht es nicht besser. Aber die Frage ist ja nur, ist das hier richtig? Wenn die sagen, das sei ein Menschenrecht und nur die katholische Kirche ignoriere das, dann stimmt das einfach nicht. Der Tonfall macht die Musik. Und hier hört es sich so an: "Ihr seid ja alle bescheuert und wir bringen euch jetzt endlich das Licht des Heils." Dieser Tonfall gefällt mir nicht. Nein, da fühle ich mich ein bisschen komisch angesprochen.

DOMRADIO.DE: Fakt ist, dass sich vor allem gerade im Moment und gerade auch junge Frauen enttäuscht von der katholischen Kirche zeigen und sich abwenden. Es sollte wohl tatsächlich grundlegend etwas in Bewegung kommen. Wie und was wünschen Sie sich denn da?

Sr. Barbara: Ich glaube, dass wir ein anderes Priesterbild brauchen, dass wir aufhören müssen, uns immer um den Priester zu drehen und zu fragen: "Haben wir genug Priester? Was für Menschen dürfen Priester werden? Und was darf der alles?"

Wir müssen vielmehr zu einem anderen Bild von Gemeinde kommen. Wer übernimmt Verantwortung in der Gemeinde? Wer darf Entscheidungen treffen und wer bringt sich ein? Kommen alle mit ihren Charismen zu ihrem Recht? Dahin müssen wir kommen, müssen anders über Kirche sprechen, als immer nur zu fragen: "Was macht der Priester und was darf der Priester?" Das ist hierarchisches Denken. Das müssen wir endlich hinter uns lassen.

DOMRADIO.DE: Sind das Dinge, die sich durch ein neues Konzil klären lassen könnten?

Sr. Barbara: Ich hoffe das. Ich denke schon, dass wir früher oder später ein neues Konzil brauchen. Besser früher als später. Und ich denke auch, dass wir um die Frage der Frauenordination nicht herumkommen. Ich glaube nur nicht, dass das unser erstes Problem ist. Das Hauptproblem ist im Moment der Klerikalismus, und dass wir alle am Sendungsauftrag teilhaben müssen.

Das Interview führte Uta Vorbrodt.


Schwester Barbara Offermann (privat)
Schwester Barbara Offermann / ( privat )
Quelle:
DR
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