Kirche macht sich für Demonstration gegen Auftritt von Björn Höcke stark

"Friedensstifter statt Feuerteufel"

Am Montagabend findet eine Demonstration gegen den Auftritt von AfD-Politiker Björn Höcke bei der 200. Pegida-Kundgebung in Dresden statt. Die Katholische Kirche ist dabei: "Wir brauchen keine Feuerteufel, sondern wir brauchen Friedensstifter."

Pegida-Demonstration auf dem Dresdener Neumarkt / © Oliver Killig (dpa)
Pegida-Demonstration auf dem Dresdener Neumarkt / © Oliver Killig ( dpa )

DOMRADIO.DE: Bis jetzt war das Argument immer, dass Kirche sich aus der Politik heraushält. Was ist heute anders?

Thomas Arnold (Direktor der katholischen Akademie im Bistum Dresden-Meißen): Natürlich hält sich Kirche aus Politik heraus. Aber Kirche hält sich nicht heraus, wenn die Gesellschaft auseinanderzubrechen droht. Tatsächlich beobachten wir im Moment mit brennender Sorge eine Dynamik, die genau in diese Richtung geht. In den letzten zwei Wochen gab es zwei Ereignisse, die das zeigen. Erstens das Aushöhlen mit demokratischen Mitteln von Demokratie, wie es in Thüringen geschehen ist. Zweitens der 75. Jahrestag des Gedenkens der Bombardierung von Dresden. Da wurden Fakten geleugnet und ein Opfermythos wieder neu beschworen. Und zwar nicht von Neonazis, sondern von AfD-Bundesvorsitzenden. Deswegen muss man ganz klar und deutlich sagen: Wir brauchen keine Feuerteufel, sondern wir brauchen Friedensstifter. Und dafür muss sich Kirche einsetzen.

DOMRADIO.DE: Lange hat ja die AfD eine offensichtliche Nähe zur fremdenfeindlichen Pegida-Bewegung vermieden. Hat sich das jetzt geändert?

Arnold: Das nehme ich zumindest so wahr. Wenn bei Pegida Björn Höcke redet, dann ist es nicht das erste Mal. Aber natürlich hat Björn Höcke auch an Macht in der AfD gewonnen. Er steht für diese Partei. Wenn diese Partei meint, sie sei nicht rechtspopulistisch, sondern befinde sich irgendwo im rechten Bereich des politisch demokratischen Spektrums, dann muss sie sich ganz klar von Pegida distanzieren. Hier ist eine Verbindung gegeben, die man nicht akzeptieren und auch nicht tolerieren kann. Deswegen muss man klar sagen, dass diese Partei eine Richtung hat, die weiter ins Rechtspopulistische und Rechtsextreme strebt. Und deswegen muss man auch dagegen deutlich die Stimme erheben. Die Kirche und auch die katholische Akademie stehen für eine offene Debatte. Aber irgendwann muss man auch sagen: Stopp, hier wird Freiheit benutzt, um die Würde des Menschen mit Füßen zu treten. Und das braucht unsere Stimme.

DOMRADIO.DE: Die AfD ist eine legitime demokratische Partei. Umfragen sehen ihre Wähler auch im katholischen Milieu angesiedelt. Demonstrieren Sie dann heute Abend nicht auch gegen die eigenen Leute?

Arnold: Nein, ich denke nicht, dass es hier um Demonstrationen gegen Leute geht, sondern um ein Zeichen gegen Positionen, die vertreten werden. Wir erleben gerade zwei Dinge: Auf der einen Seite steht ein Inhalt, der gegen die Grundwerte unseres friedlichen Zusammenlebens geht. Auf der anderen Seite sind Methoden, die gegen das vertraute liberale, demokratische System arbeiten, beziehungsweise dieses ausnutzen, um es auszuhöhlen. Deswegen muss man dafür sensibel sein und die Stimme erheben. Die Menschen sollen wahrnehmen, was es für Methoden gibt. Ich habe nicht umsonst den 75. Jahrestag des Gedenkens der Bombardierung von Dresden erwähnt. Mir scheint, dass es hier eine Dynamik und einen Zusammenhang gibt. Themen und Thesen werden geleugnet oder verändert und dann damit Stimmungen erzeugt. Es sollen dann im Volk Mehrheiten und Stimmungen gesammelt werden. Deswegen muss man deutlich dafür sensibilisieren, dass es auf Wahrheit ankommt. Auf dieser Grundlage können wir weiter diskutieren. Wo Wahrheit verändert und der Frieden in der Gesellschaft mutwillig zerstört werden, da muss Kirche die Stimme erheben und auf diese Position aufmerksam machen.

DOMRADIO.DE: Andere Religionsgemeinschaften sind heute auch dabei, die jüdische Gemeinde und die evangelische Landeskirche. Die Demo beginnt mit Gebeten in der Kreuzkirche und der Frauenkirche. Eigentlich sind es keine religiösen Themen, um die es heute geht. Warum wird gegen einen Politiker gebetet?

Arnold: Wir beten ja nicht gegen einen Politiker, sondern wir beten für Frieden. Ich glaube das hat unsere Gesellschaft außerordentlich nötig. Die Frauenkirche ist auch ein Zeichen des Friedens und die Kreuzkirche mit ihren ökumenischen Gebeten war Ausgangsort für die friedliche Revolution im Jahr 1989. Deswegen ist es gut, dass wir als Kirche und als Religionsgemeinschaften die Themen, die gesellschaftlich bewegen und die Sehnsucht nach Frieden im Gebet begleiten. Tatsächlich können wir um Mut beten, dass es Menschen in dieser Gesellschaft gibt, die öffentlich nicht mit Angst prägen, sondern Hoffnung schenken. Diese Sehnsucht ist, in Sachsen, in Deutschland, aber auch weltweit da. 

Das Interview führte Tobias Fricke.


Dr. Thomas Arnold, Direktor der Katholischen Akademie des Bistums Dresden-Meißen / © Oliver Killig (Katholische Akademie Bistum Dresden-Meißen)
Quelle:
DR
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