Friedenspreisträger auf dem Katholikentag

Luxemburgs Premier will Mindestlohn auf EU-Ebene

Der luxemburgische Ministerpräsident Jean-Claude Juncker hat sich für die Einführung von Mindestlöhnen auf europäischer Ebene ausgesprochen. Die deutsche Debatte in dieser Frage sei überzogen, sagte Juncker am Samstag beim Katholikentag in Saarbrücken. Zwar wisse er, dass der Gedanke an Mindestlöhne deutschen Politikern Schweißausbrüche bereite.

 (DR)

Der luxemburgische Ministerpräsident Jean-Claude Juncker hat sich für die Einführung von Mindestlöhnen auf europäischer Ebene ausgesprochen. Die deutsche Debatte in dieser Frage sei überzogen, sagte Juncker am Samstag beim Katholikentag in Saarbrücken. Zwar wisse er, dass der Gedanke an Mindestlöhne deutschen Politikern Schweißausbrüche bereite. Er könne aber nicht erkennen, dass es der Wirtschaft in den 15 EU-Ländern schlechter gehe, die Mindestlöhne eingeführt hätten.

Der luxemburgische Premier betonte, es könne nicht gut gehen, Wettbewerbsfähigkeit auf dem Weg des Sozialdumpings zu erreichen.
Nötig sei auf EU-Ebene ein gemeinsamer Mindestsockel an sozialen Standards. "Solidarität heißt, dass die Reichen mit denen, die nicht so viel haben, teilen", sagte Juncker. Man könne nicht Arbeitslosen sagen, sie müssten den Gürtel enger schnallen, "wenn gleichzeitig jemand, der einen Weltkonzern an die Wand gefahren hat, 40 Millionen Euro Abgangsentschädigung bekommt".

Kritik an Nettozahler-Debatte

Juncker beklagte, dass die Europäer "zukunftsfaul und gegenwartsträge" geworden seien. Er kritisierte, dass deutsche Politiker dauernd bemängelten, sie zahlten mehr in die EU ein als sie zurückerhielten. Da stelle sich die Frage, ob sie lieber Nettoempfänger seien. "Ich lebe lieber in Luxemburg als im Norden Griechenlands, wo die Bauern jede Mühe haben, ihr Auskommen zu finden", meinte der Ministerpräsident. Er fügte hinzu: "Warum beklagen wir uns eigentlich, dass wir reich sind?" Juncker verwies darauf, dass der EU-Haushalt auf kaum mehr als ein Prozent der Wirtschaftsleistung der EU-Staaten begrenzt sei. "Ein Monat Krieg kostet mehr als 20 Jahre Finanzierung des EU-Haushalts", sagte Juncker.

Der Ministerpräsident wies Kritik an der EU-Erweiterung zurück.
Er sehe es lieber, dass die Osteuropäer inzwischen ihre Hoffnungen auf Europa richteten statt ihre Raketen wie noch Ende der 80er Jahre. "Wenn die sowjetischen Truppen nach dem Zweiten Weltkrieg hier Besatzungsmacht gewesen wären, dann würden wir jetzt an die Tür klopfen", sagte Juncker. Deshalb sollten die Westeuropäer "gnädiger und gerechter" zu denen sein, die diese "Glückserfahrung" erst seit Anfang der 90er Jahre hätten machen können. Europa dürfe nicht aufhören, nach innen und in der Welt für Frieden einzutreten.

Juncker verlangte, die EU müsse Solidarität nicht nur nach innen, sondern auch nach außen zeigen. Dazu gehörten das Eintreten für weltweiten Klimaschutz und Entwicklungshilfe. Es sei eine Schande, dass die EU-Staaten im Schnitt nur 0,36 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für Entwicklungshilfe aufbrächten.
Ausdrücklich kritisierte der Ministerpräsident, dass die großen EU-Staaten noch unter diesem Durchschnitt lägen, während Länder wie Luxemburg, Dänemark und Schweden einen im Vergleich zu ihrer Wirtschaftskraft doppelt so hohen Anteil an Entwicklungshilfe zahlten.

Mit Blick auf einen Gottesbezug in der umstrittenen EU-Verfassung sagte Juncker, er habe sich in den Debatten immer dafür ausgesprochen, einen Passus zum christlich-jüdischen Erbe Europas in die Präambel aufzunehmen. "Es ist lächerlich, dass einige sich weigern, diesen elementaren Hinweis aufzunehmen", so Juncker.
Dies habe er auch gegenüber dem französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac geäußert, der zu den schärfsten Gegnern einer entsprechenden Formulierung zählte. Ebenso lächerlich sei aber auch, große Kämpfe in dieser Frage zu führen. "Aus heiterer Höhe lacht Gott über diese Debatte", meinte Juncker wörtlich. (KNA)