Friedensbeauftragter Zuppi kritisiert Grenzzaun zu Belarus

"Keine Mauer steht ewig"

Für den Frieden in der Welt müssen nach Auffassung von Kardinal Matteo Zuppi verstärkt Mauern abgebaut werden. "Sie schaffen mehr Probleme, als sie lösen", erklärte der Friedensbeauftragte von Papst Franziskus in Berlin.

Reste eines Zeltlagers von Migranten auf der belarussischem Seite der Grenze zu Polen / © Doris Heimann (dpa)
Reste eines Zeltlagers von Migranten auf der belarussischem Seite der Grenze zu Polen / © Doris Heimann ( dpa )

So nannte er bei einem internationalen Friedenstreffen der christlichen Gemeinschaft Sant'Egidio die Situation am polnischen Grenzzaun zu Belarus "untragbar". Der Zaun soll vor allem verhindern, dass Flüchtlinge unkontrolliert in die EU einreisen. Um dies dennoch zu erreichen, harren sie teilweise lange unter provisorischen Lebensbedingungen in den belarussischen Grenzwäldern aus. Solche Mauern führten "immer zu sehr viel Leid", betonte Zuppi, der auch Erzbischof von Bologna und Vorsitzender der italienischen Bischofskonferenz ist.

Kardinal Matteo Zuppi / © Alvise Armellini (dpa)
Kardinal Matteo Zuppi / © Alvise Armellini ( dpa )

Mauern erschweren Dialog

Mauern würden schnell gebaut, doch es dauere oft Jahrzehnte, sich davon zu befreien, so Zuppi. Eine ihrer schlimmsten Folgen sei, dass sie einen Dialog der Menschen auf beiden Seiten erschwerten. Deshalb sei es dringend notwendig, Alternativen zu solchen Mauern zu suchen. Dabei müssten zunächst die unsichtbaren Mauern in den Köpfen abgebaut werden, sagte der Kardinal.

Zu weiteren Vermittlungsinitiativen von Papst Franziskus im russischen Angriffskrieg auf die Ukraine äußerte sich Zuppi auf Nachfrage nicht. Er betonte jedoch, der Papst sei "ein unverbesserlicher Träumer, der alles tut, um Krieg unmöglich zu machen". Im Auftrag von Franziskus versuchte Zuppi bereits, im Krieg zwischen Russland und der Ukraine zu vermitteln.

Auch israelische Mauern im Gespräch 

Das Forum bei dem Friedenstreffen stand unter dem Thema "Keine Mauer steht ewig". Zur Sprache kamen auch die israelischen Sperranlagen zum Westjordanland, die vor Terrorangriffen schützen sollen. Der Historiker Peter Brandt (Hagen) betonte, solche Mauern sei auch eine Folge der inneren Verhältnisse in den Ländern, die sie errichten. Der Abbau sei deshalb vor allem eine Sache der Bürgerinnen und Bürger dieser Länder.

Zu dem gut zweitägigen Friedenstreffen werden rund tausend Teilnehmende erwartet, darunter Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) undGäste aus über 30 Ländern. In 20 Foren geht es um Themen wie die Umweltkrise, Migration, interreligiösen Dialog, Demokratie,Globalisierung, Abrüstung und Künstliche Intelligenz. Das Treffen endet am Dienstagabend mit einer Friedenskundgebung am Brandenburger Tor.

Sant'Egidio - Überblick

Die im Mai 1968 in Rom entstandene katholische Bewegung Sant'Egidio widmet sich der karitativen Arbeit, der Diplomatie in Bürgerkriegsgebieten sowie dem Dialog der Religionen. Sie hat nach eigenen Angaben rund 60.000 Mitglieder in 70 Ländern, davon 5.000 in Deutschland. Ihr Hauptsitz befindet sich im römischen Stadtteil Trastevere, ihr deutsches Zentrum seit 1983 Würzburg. Seit 1986 ist die ökumenisch stark engagierte Gemeinschaft von der katholischen Kirche als Laienvereinigung anerkannt. Finanziert wird ihre Arbeit durch Mitgliedsbeiträge, Spenden sowie durch öffentliche Zuschüsse.

Logo der katholischen Gemeinschaft Sant'Egidio / © Paolo Galosi/Romano Siciliani (KNA)
Logo der katholischen Gemeinschaft Sant'Egidio / © Paolo Galosi/Romano Siciliani ( KNA )
Quelle:
KNA