Freitagabendengel

Retter im Dunkeln

Es ist dunkel. Die vierspurige Straße verlässt bewohnte Viertel, hat rechts und links hohe Bordsteine, in der Mitte geteilt von der Straßenbahn und macht hier eine lange Kurve. In der ich liegen bleibe.

 (DR)

Nachdem ich die Stelle abgesichert habe, überlege ich was zu tun ist. Das hier ist keine gute Stelle, um liegenzubleiben. Zudem ist Freitagabend. Mein Mann ist in Norddeutschland. Mein Nachbar hat Chor, ein Freund, Freunde zum Essen eingeladen.

Da hält ein schwarzer Familienbus.

Ein Mann steigt aus, fragt, ob er helfen kann. Er ist nicht er erste, der anhält, aber der erste, der ernstmacht. Ich hole eine Abschleppstange, er Taschenlampen und Werkzeug. Und der Mann ist so ruhig wie geduldig, als die Stange beim anfahren gleich wieder abspringt.

Sicher werde ich erst die ca. 10 km zu meiner Werkstatt geschleppt und dann auch noch nach Hause gebracht. Kaum bedanken darf ich mich, dann ist der Mann weg.

Dienstag drauf ist das Auto wieder repariert. Mittwochmorgen bleibt es, auf einem Krankenhausparkplatz wieder liegen. Diesmal können mir nur die gelben Autoengel helfen.  Ist das nicht schön, einen Beruf zu haben, in dem man die Menschen immer glücklich machen kann, will ich in der Fahrzeugkabine wissen, während das Auto festverzurrt hinter uns rollt.

Ne, sagt der nette gelbe Engel, wenn das mal so wäre. Ganz viele Menschen schimpften und seien so rücksichtslos geworden. Ich erzähle von einer Bahnfahrt, als ein ganzer Waggon sich um eine ältere Dame kümmert, Notarzteinsatz inklusive. Und von meinem Freitagabendengel.

Der gelbe Engel macht andere Erfahrungen. berichtet z.B. dass manche Autofahrer einfach keine Rettungsgassen bildeten. Wie zum Beweis, drängelt just in diesem Moment jemand gefährlich, weil ihm die Abschlepperei zu lange dauert.

Dabei könnte doch alles so einfach sein. Der Mann mit dem Familienbus, der mir Freitagabend geholfen hat, hatte einen kleinen Sohn dabei.  "Du hast ja einen tollen Papa, der mir so viel hilft", habe ich zu ihm gesagt. "Wenn das die eigene Frau wäre, die da im dunkeln liegen bleibt, wünscht man sich ja auch, dass jemand anhält und hilft" verkündet mir der kleine Junge mit wichtiger Miene.

Der kleine Junge hat jetzt schon alles verstanden. So ist es. Alles was wir tun müssen, ist uns in die Lage des andern denken, überlegen, was wir uns, wären wir an seiner Stelle, wünschen würden. Und das dann tun.

Mein Retter wollte keinen Dank, dann danke ich ihm jetzt unbekannterweise öffentlich.