Franziska Giffey als neue Bundesfamilienministerin

Weiblich, jung und ostdeutsch

Franziska Giffey soll es offenbar richten: Die 39 Jahre alte SPD-Politikerin ist gesetzt für das Bundesfamilienministerium. Aus Berlin-Neukölln kommend bringt sie eine Fülle an Erfahrung mit sozialen Themen mit.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) / © Gregor Fischer (dpa)
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) / © Gregor Fischer ( dpa )

Sie lächelt gerne, das hat sie mit ihrer Vorgängerin Katarina Barley (SPD) gemein: Die 39-jährige Franziska Giffey soll das Bundesfamilienministerium übernehmen. Giffey, Bezirksbürgermeisterin des bundesweit als Problemkiez bekannten Berlin-Neukölln, erfüllt dabei nicht nur die Kriterien jung und weiblich, sondern auch das für die SPD so wichtige ostdeutsch. Und, viel essenzieller: Sie gilt als fachlich und politisch bestens für den anspruchsvollen Posten vorbereitet.

Im Familien- und Frauenressort hinterlassen ihr ihre Vorgängerinnen große Projekte wie eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, etwa durch die Familienarbeitszeit oder die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz. Auch die Frage des Rückkehrrechts von Teil- auf Vollzeit, federführend im Arbeitsministerium angesiedelt, dürfte Giffey beschäftigen. Union und SPD messen einer stärkeren Unterstützung von Familien im Koalitionsvertrag Gewicht bei. Geplant ist etwa eine Kindergelderhöhung um 25 Euro pro Kind und ein höherer Kinderzuschlag für Familien mit geringem Einkommen.

Ein Kind der Wende

Die gebürtig aus Frankfurt an der Oder stammende Verwaltungswirtin ist ein Kind der Wende. In Fürstenwalde hat sie in ihrer Kinder- und Jugendzeit die Folgen des Niedergangs der DDR erlebt. Sie kennt die Probleme der Ostdeutschen aus nächster Nähe und hat einen großen Teil ihres Lebens in Berlin verbracht.

Nachdem sie zunächst ein Lehramtsstudium mit den Fächern Englisch und Französisch in Berlin begann, wechselte sie zur Verwaltungswissenschaft und packte später noch eine Promotion in Politikwissenschaft oben drauf. In einem Interview begründete sie diesen Schritt einmal mit ihrer zu schwachen Stimme für das Klassenzimmer.

Politische Laufbahn

Nachdem sie zunächst in Treptow-Köpenick im Bezirksbürgermeisteramt tätig war, holte sie ihr Amtsvorgänger und Mentor Heinz Buschkowsky 2002 nach Neukölln. Diesen Schritt tat der kantige Bezirksbürgermeister, um, wie Giffey in Interviews erzählt, "EU-Kohle nach Neukölln zu holen". Sie habe sich erst dort entschieden, in die SPD einzutreten; 2007 war das. Verwaltung könne viel, aber alles lasse sich damit nicht lösen. Zwischenzeitlich war sie auch für das Land Berlin in Brüssel und bei der Parlamentarische Versammlung des Europarates in Straßburg tätig.

Im multikulturellen Berlin-Neukölln hat sich Giffey als bei Amtsantritt jüngste Bürgermeisterin Berlins mit Eloquenz, deutlichen Worten und einer klaren Haltung seit 2015 Respekt erarbeitet. Parallelgesellschaften will sie ebenso wie die Fehler der Vergangenheit verhindern und alle in das deutsche System integrieren. "Wir brauchen einen starken Staat, der sagt, es gibt Grenzen." Dazu gehört für sie auch, dass man einer weiblichen Bürgermeisterin die Hand gibt - auch als Muslim.

Der Bezirk, der mit rund 330.000 Einwohnern einer Großstadt gleichkommt, hat einen sehr hohen Anteil von Einwohnern mit Migrationshintergrund, viele Hartz-IV-Empfänger, viele Arbeitslose, eine hohe Kriminalitätsrate und wird zugleich immer beliebter bei Touristen, ausländischen Studenten und Investoren. Wenn man einen solchen Job gut machen wolle, müsse man viel draußen, bei den Leuten sein. "Die Mutter der Kommunalpolitik ist die Anschauung vor Ort", so das Credo der 39-Jährigen.

Bildung unabhängig von sozialer Herkunft

Diese Fülle an verschiedenen Gruppen unter einen Hut zu bringen, scheint Giffey zu meistern. Sie weiß sowohl mit dem Problem arabischer Großclans als auch mit illegaler Mülldeponierung und Mietwucher umzugehen und greift auch mal auf unkonventionelle Methoden zurück, etwa mit einem privaten Sicherheitsdienst, der nachts den Müllverursachern auflauert.

Ihr Herzensanliegen ist aber die Bildung vom Kleinkindalter an. Entscheidend sei, "den Bildungserfolg von sozialer Herkunft abzukoppeln, Bildungsferne zu überwinden und mehr Kinder und Jugendliche erfolgreich auf ihrem Weg ins Leben und in die Gesellschaft zu begleiten", schreibt die verheiratete Mutter eines Kindes auf ihrer Internetseite. Wenn die Eltern es nicht schafften, Kindern die bestmöglichen Voraussetzungen mitzugeben, müsse der Staat die Aufgabe übernehmen.

Anna Mertens


Quelle:
KNA