Fragen und Antworten zu EU-Reformvorschlägen zum Asylsystem

"Dublin" hat große Schwächen

Die EU-Kommission hat Vorschläge zur Reform des europäischen Asylsystems vorgelegt. Darin geht es um eine gerechtere Verteilung von Flüchtlingen und die Vereinheitlichung der Verfahren. Die wichtigsten Fragen:

Flüchtlinge an der Grenze zu Mazedonien / © Kay Nietfeld (dpa)
Flüchtlinge an der Grenze zu Mazedonien / © Kay Nietfeld ( dpa )

Was läuft falsch?

Das europäische Asylsystem verdient seinen Namen nur zum Teil: Es gibt zwar einheitliche Grundsätze, sie lassen den Staaten aber immer wieder große Spielräume. Die Staaten gewähren deshalb unterschiedlich "leicht" Asyl und bringen die Menschen auch verschieden gut oder schlecht unter. Migranten sehen das und suchen sich den für sie besten EU-Staat aus. Bislang ist das oft Deutschland. Daneben spielt auch die Landkarte eine Hauptrolle. In manchen Ländern kommen einfach aufgrund ihrer Lage mehr Flüchtlinge an. Diese Länder - etwa Italien oder Griechenland - sind aufgrund des geltenden sogenannten Dublin-Systems deshalb eigentlich zuallererst für die Flüchtlinge verantwortlich.

Was bedeutet Dublin-System?

Das System stammt aus den 1990er Jahren, derzeit gilt die sogenannte dritte Dublin-Verordnung von 2013. Sie regelt, welcher Staat den Antrag eines Asylbewerbers prüfen und diesen daher auch unterbringen muss. Die Verordnung sieht verschiedene Kriterien vor, zum Beispiel spielt es eine Rolle, ob schon Verwandte in einem bestimmten EU-Land wohnen. De facto ist aber das Kriterium der Einreise das wichtigste. Danach ist der Staat zuständig, wo ein Asylbewerber das erste Mal europäischen Boden betritt.

Warum hat Deutschland dann im vergangenen Jahr so viele Menschen aufgenommen?

Die Flüchtlinge, aber auch die Staaten, haben das System zum Teil einfach ignoriert. Wenn ein Flüchtling aus der Türkei nach Griechenland kam, war eigentlich Griechenland zuständig. Die meisten Flüchtlinge wollten aber nicht dort bleiben und zogen weiter. Die eigene Auswahl ihres Asylstaats wurde dadurch befördert, dass die Länder entlang der Route sie "weiterwinkten". Davon abgesehen sieht die Dublin-Verordnung vor, dass ein EU-Staat freiwillig die Zuständigkeit für einen Asylantrag übernehmen kann - Deutschland hat dies vergangenes Jahr tausendfach getan.

Was sehen die jetzigen Vorschläge zur Änderung des Dublin-Systems vor?

Die EU-Kommission stellt zwei Optionen zur Wahl. In Option eins bleibt der Grundsatz des Ersteinreise-Landes bestehen. Aber wenn eine bestimmte Zahl von Migranten erreicht ist, würde ein "Fairness-Mechanismus"-greifen und die Menschen würden auf andere EU-Länder verteilt. In Option zwei würde der Ersteinreise-Grundsatz ganz gestrichen. Die Verteilung in der gesamten EU würde also immer greifen. Kriterien für die Zahl der Aufzunehmenden wären zum Beispiel Größe und Wohlstand eines Landes. Deutschland müsste nach einer Reform wahrscheinlich mehr Menschen aufnehmen, als es nach dem bisherigen System musste.

Gab es nicht schon in den vergangenen Monaten immer wieder Umverteilungen von Flüchtlingen?

Doch. Tatsächlich hat die EU 2015 zwei Beschlüsse zur Umverteilung von insgesamt 160.000 Menschen vor allem aus Griechenland und Italien getroffen. Dabei handelte es sich um außergewöhnliche Maßnahmen zur Reaktion auf die Krise.

Was soll sich nach den aktuellen Vorschlägen noch ändern?

Die EU-Kommission will auch die Verfahren und Standards in den EU-Staaten vereinheitlichen. Wenn in Griechenland oder Slowenien dieselben Chancen auf Anerkennung als Flüchtling, aber auch eine ähnlich gute oder schlechte Unterbringung herrschen wie in Deutschland oder Schweden, würde ein großer Anreiz zum Weiterziehen in diese Länder wegfallen.


Quelle:
epd