Flughafen-Pfarrer Fratzscher über Weihnachten

"Wie ein Dorf oder eine kleine Stadt"

Weihnachten verbringen die meisten daheim, im Kreise der Familie. Doch auch am Flughafen München ist zu dieser Zeit noch Betrieb. Das bedeutet Dienst für den evangelischen Pfarrer Stefan Fratzscher. Ein domradio.de-Interview.

 

Reisende auf dem Flughafen München / © Tobias Hase (dpa)
Reisende auf dem Flughafen München / © Tobias Hase ( dpa )

domradio.de: Wie feiert man Weihnachten und die Heilige Nacht am Münchner Flughafen?

Pfarrer Stefan Fratzscher (Flughafenseelsorge des Münchener Franz Josef Strauß-Flughafens): In der heiligen Nacht selber ist nicht mehr allzu viel los aber am Tag natürlich noch Einiges. Da sind die letzten Passagiere unterwegs. Allerdings schon weniger als jetzt an diesen Tagen. Man merkt der Passagierstrom nimmt ab, aber es gibt natürlich eine ganze Menge Leute, die an diesem Tag arbeiten, um für die Passagiere da zu sein. Auch die Polizei, der Terminaldienst, die Abfertiger und so weiter. Eine Menge Leute sind am Heiligen Abend am Flughafen.

domradio.de: Und für die alle sind sie dann auch da?

Fratzscher: Wir versuchen, für alle da zu sein aber die nehmen uns ja nicht alle in Anspruch. Aber manchen tut es gut, uns einfach wahrzunehmen. Wir senden Signale aus und wir versuchen, unterwegs zu sein; den Menschen am Heiligen Abend ganz besonders zu begegnen.

domradio.de: Wenn Sie sagen, Sie sind unterwegs, wie habe ich mir das vorzustellen? Sie laufen durch die Abflugs- und Ankunftshalle?

Fratzscher: Ja, nicht nur. Am Heiligen Abend gehen wir zuerst einmal in die Flughafenunterkunft. Das ist eine sogenannte Transitzone, wo Menschen, die auf dem Luftweg nach Deutschland kommen und Asyl beantragen, sozusagen auf ihren Bescheid warten, ob sie einreisen dürfen. Da sitzen zur Zeit zwei Menschen die warten und die müssen den Heiligen Abend dort verbringen. Sie sind sozusagen umgeben von einem Zaun, dürfen nicht raus. Zu denen gehen wir. Zwei Jugendliche machen Bläsermusik, spielen Weihnachtslieder, wir werden die Weihnachtsgeschichte lesen, auf Englisch ein Gebet sprechen und ihnen einfach etwas von dieser Nacht erfahrbar machen lassen.

domradio.de: Also der Transitbereich des Flughafens ist einer der Orte, wo sie sind. Dort ist ja auch ein Iraner, der Christ ist. Sie Süddeutsche Zeitung hat berichtet, dass Sie schon mal gemeinsam mit dem Mann Gottesdienst gefeiert haben. Das heißt den sehen sie jetzt im Transitbereich nochmal wieder.

Fratzscher: Genau, und der freut sich wahnsinnig darauf, dass wir nochmal kommen. Er hat sonst nicht viel Kontakt, höchstens zu seinen Wachleuten und zu seinem Rechtsanwalt. Und das Christsein liegt ihm sehr am Herzen in seiner Situation. Da ist es gut dass wir kommen können.

domradio.de: Das heißt, Sie gehen mit Jugendlichen in den Transitbereich und sie feiern am 24.12 auch eine ökumenische Christvesper. Wer besucht diesen Gottesdienst? Reisende, Flughafenpersonal, beide… ?

Fratzscher: Das sind zum großen Teil Menschen hier aus der Umgebung, die gerne einen Gottesdienst am Flughafen besuchen - katholische und evangelische Christen. Das sind manche Mitarbeiter, aber vermutlich nicht allzu viele, die dann gerade zu dem Zeitpunkt Dienstschluss haben und noch die Christvesper am Flughafen besuchen. Passagiere werden nicht mehr viele da sein, die sind schon alle abgeflogen.

domradio.de: Also es kommen wirklich Menschen aus der Umgebung zum Flughafen, obwohl die gar nicht reisen müssen?

Fratzscher: Das ist das typische hier am Flughafen, dass es nicht bloß ein Umsteige- oder Abflugplatz ist. Der Flughafen ist fast wie ein Dorf oder eine kleine Stadt, wo Menschen nicht nur zum einkaufen kommen, sondern auch zum Gottesdienst feiern.

domradio.de: Das heißt, Sie haben eine richtige kleine Gemeinde am Flughafen?

Fratzscher: Ja, manche kennen wir, andere nicht. Aber in der Gemeinde muss man sich jetzt auch nicht unbedingt persönlich kennen. Das Band, das uns verbindet, ist auch oft irgendwie anders definiert.

domradio.de: Wie lange sind Sie denn dann am Heiligen Abend am Flughafen?

Fratzschner: Um 16 ihr ist die ökumenische Christvesper. Vorher sind wir unterwegs, mit dem Bläsern, auch bei vielen Mitarbeitern. Nach der Vesper machr ich mit meinen zwei Kindern eine kleine Runde, geben bei der Polizei und beim Termindienst ein kleines Geschenk und gute Weihnachtswünsche ab. Um 18 Uhr werde ich mich auf den Weg nach Hause machen. 

 


Quelle:
DR