Finanzkrise: Ruhrbischof fordert Rückbesinnung auf Werte

Menschenwürde nicht aus den Augen verlieren

Ruhrbischof Felix Genn hat in Essen auf einer Veranstaltung der Bistumsräte zum 50-jährigen Bestehen des Bistums Essen, daran erinnert, dass Werte keine virtuellen Konstrukte seien, sondern Grundlagen des konkreten Zusammenlebens. An erste Stelle sei hier die Menschenwürde zu nennen.

 (DR)

Wenn man Belegschaften von Betrieben «Humankapital» nennt, wenn ein behindertes Kind zum «Schadensfall» werden kann, wenn sich der Wert eines börsenorientierten Unternehmens durch Abbau von Arbeitsplätzen steigern lässt, dann stelle sich immer drängender die Frage danach, ob der Mensch und seine Würde tatsächlich der Ausgangspunkt von politischen und wirtschaftlichen Entscheidungen ist, sagte Genn.

Die internationale Finanzkrise hat nach Auffassung von Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) die Notwendigkeit verbindlicher Regeln für Wirtschaft und Gesellschaft verdeutlicht. Ohne ein Mindestmaß an Regeln könne die Welt nicht funktionieren, sagte der Bochumer CDU-Politiker in seiner Festrede vor Vertretern der Bistumsräte.

Die Globalisierung habe zu einer tiefen Verunsicherung geführt und das Bedürfnis nach verlässlicher Orientierung verstärkt, sagte Lammert. Gesellschaften würden nur durch gemeinsame Werte und Überzeugungen zusammengehalten. Für die meisten Menschen gehöre auch Religion zur unverzichtbaren Orientierung. Religion habe eine fundamentale Bedeutung für den Zusammenhalt einer modernen Gesellschaft.

Auch die Politik benötigt nach Lammerts Ansicht ein festes Fundament von Überzeugungen, aus denen sich ein Gestaltungsspielraum herleiten lasse. «Andernfalls wird Politik zur Selbstinszenierung von Macht», sagte der Bundestagspräsident.

Die sogenannten Räte im Bistum Essen beschäftigen sich als Vertreter ihrer Berufsgruppe mit kirchlichen und gesellschaftspolitischen Themen. Dazu gehören unter anderem der Ärzte-, der Juristen-, der Ingenieur- sowie der Arbeitnehmer- und der Unternehmerrat. Die Räte bringen aus ihrer beruflichen Perspektive ihre Erfahrung als Christen in das gesellschaftliche Handeln der Kirche ein.