FDP-Religionsbeauftragter Ruppert über das neue Verhältnis der Liberalen zur Kirche

"Ich bin ein Anhänger der Kirchensteuer!"

Der neue Kirchen- und Religionsbeauftragte der FDP-Bundestagsfraktion, Dr. Stefan Ruppert, hat im domradio-Interview Forderungen - auch aus seiner eigenen Partei - die Kirchensteuer abzuschaffen, klar zurückgewiesen. Ruppert: "Ich bin ein Anhänger der Kirchensteuer, auch in der bestehenden Form und insofern wird es keine Initiativen in dieser Legislaturperiode geben, das zu ändern."

 (DR)

domradio: Es war nicht immer der Fall, dass die freien Demokraten positiv auf Religionsgemeinschaften in Deutschland blicken. Es gab es Zeiten in denen in Parteiprogrammen der FDP sogar die Abschaffung des Religionsunterrichtes an Schulen gefordert wurde. Das ist jetzt anders?

Ruppert: Ja, das liegt lange zurück. Das waren sozusagen unsere wilden 70er Jahre. Mittlerweile ist unser Verhältnis da deutlich positiver und ich freue mich über den Prozess natürlich, auch als überzeugter Christ.

domradio: Wie hat sich Ihrer Meinung nach grundsätzlich das Verhältnis zwischen Kirche und den Freien Demokraten verändert?
Ruppert: Ich glaube, die freien Demokraten haben erkannt oder gemerkt, dass ein Staat ohne Werteorientierung oder auch Rückbindung an Überzeugung und Glauben nicht gut existieren kann. Das war ein Prozess, der hat über einige Jahre angehalten und jetzt haben wir mehr Christen in unserer Fraktion als je zuvor.

domradio: Beispielsweise den Bundesgesundheitsminister Rösler, der ist sogar im ZdK. Die Abschaffung der Kirchensteuern war immer wieder auch eine Forderung der FDP. Erst im vergangenen Jahr hat eine Ihrer Parteikolleginnen aus Baden-Württemberg gefordert, die Kirchensteuer durch eine Sozialabgabe zu ersetzen. Wie stehen Sie dazu?
Ruppert: Sie hat das ja als private Meinungsäußerung gekennzeichnet und ich muss sagen, ich bin ein Anhänger der Kirchensteuer auch in der bestehenden Form. Insofern wird es keine Initiativen in dieser Legislaturperiode geben, dass zu ändern, da bin ich ganz fest überzeugt von.

domradio: In dieser Woche hat das Bundesverfassungsgericht die Ladenöffnungszeiten an den vier Adventssonntagen in Berlin für verfassungswidrig erklärt. Begrüßen Sie dieses Urteil?
Ruppert: Ich begrüße das ausdrücklich! Ich glaube, dass wir einer völligen Ökonomisierung der Gesellschaft nicht Raum lassen sollten. Das heißt nicht, dass wir marktwirtschaftliche Prinzipien nicht hochhalten sollten, das sollen wir auf jeden Fall, denn sie ermöglichen Wohlstand. Aber wir müssen uns auch Raum und Zeit geben dafür, einmal Inne zu halten, familiäre Gespräche zu führen, vielleicht auch ein bisschen Ruhe einkehren zu lassen. Dafür ist dieses Urteil ein gutes Indiz und ein gutes Signal.

domradio: Viel diskutiert wird derzeit wieder über den Islam. Die Schweizer Nachbarn haben ein Minarettverbot per Volksbefragung beschlossen. Wie können wir Ihrer Meinung nach in Deutschland Muslime besser einbinden?
Ruppert: Ich bedaure diesen Beschluß in der Schweiz. Wir müssen zwar Ängste der Bevölkerung sehr ernst nehmen, aber Papst Benedikt XVI. hat ja die richtigen Worte gefunden, als er gesagt hat, diese Entscheidung bedrohe unsere Religionsfreiheit insgesamt. Ich glaube, es wird darauf ankommen den eingeschlagenen Weg des Dialogs, Stichwort "Islamkonferenz" beispielsweise, weiterzugehen, weil die muslimischen Mitbürgerinnen und Mitbürger ein wichtiger Teil unserer Gesellschaft sind. Der Dialog muss verstärkt und fortgesetzt werden.

domradio: Steht ihre Meinung für die Mehrheit Ihrer Fraktion?
Ruppert: Wir haben eine Gruppe Christen der FDP-Fraktion gegründet, und das ist die stärkste Teilgruppe bei uns überhaupt, Katholiken und Protestanten. Wie wir überhaupt feststellen, dass gerade in klassischen katholischen Milieus, z.B. mir im Wahlkreis in der Nähe von Limburg, die Leute sehr stark auch FDP gewählt haben. Das freut uns sehr, und wir wollen das auch fortsetzen und den Dialog verstärken.
Das Gespräch führte Stephanie Gebert.


Zur Person: Der 38-jährige Jurist Stefan Ruppert ist über die hessische Landesliste in den Bundestag gewählt worden. Ruppert ist evangelisch und hat 2001 über das Verhältnis von Kirche und Staat im 19. Jahrhundert promoviert. Anschließend war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Bundesverfassungsgericht. Seit 2005 leitete er eine Forschungsgruppe am Max-Planck-Institut.

Ruppert ist verheiratet und lebt mit seiner Frau in Oberursel bei Frankfurt. Er ist mit seinem Vorgänger im Wahlkreis, Wolfgang Gerhardt, befreundet und dessen politischer Ziehsohn. Seit 1990 ist er Mitglied der FDP und seit März 2000 Vorsitzender der Liberalen im Hochtaunus-Kreis. Im Bundestag vertritt Ruppert die FDP im Innenausschuss sowie als stellvertretendes Mitglied im Rechts-, Europa- und Wahlprüfungsausschuss. Als kirchenpolitischer Sprecher seiner Fraktion löst er den Katholiken Hans-Michael Goldmann aus Niedersachsen ab.