Familienbund begrüßt Wiedereinführung der alten Pendlerpauschale

Urteil mit prompter Wirkung

Monatelang wurde politisch erbittert über die Wiedereinführung der alten Pendlerpauschale gestritten. Doch am Dienstag ging alles ganz schnell. Das Bundesverfassungsgericht erklärte die Kürzung der Pendlerpauschale für verfassungswidrig, die Bundesregierung setzte daraufhin wieder die alte Regelung in Kraft. Der Familienbund der Katholiken begrüßt das Urteil.

Autor/in:
Norbert Demuth
 (DR)

Familien könnten sich häufig die Mieten in Innenstädten nicht leisten und seien oft auf Autos angewiesen. Sie seien ohnehin schon durch die hohen Spritpreise stärker belastet, sagte die Präsidentin des Familienbundes, Elisabeth Bußmann, am Dienstag in Berlin.

Mit den zu erwartenden Nachzahlungen werde "zumindest an dieser kleinen Stelle den Familien Geld zurückgegeben, auf das sie einen Anspruch haben".

Prompte Umsetzung des Karlsruher Urteils
Nur wenige Minuten nach der Urteilsverkündung des Bundesverfassungsgerichts gab das Bundesfinanzministerium bekannt, dass nun nicht nur für 2007 und für 2008 die alte Entfernungspauschale ab dem ersten Kilometer wieder gelte - wie vom Gericht gefordert -, sondern auch für 2009.

Diese Rasanz überraschte viele Beobachter. Denn eigentlich hatte das Bundesverfassungsgericht für 2009 und die weiteren Jahre dem Bund einen relativ großen Spielraum für eine Neuregelung eingeräumt. Die Abschaffung der Pendlerpauschale hatte der Zweite Senat auch gar nicht in Bausch und Bogen verdammt. Den Karlsruher Richtern reichte lediglich die "rein fiskalische" Begründung des Gesetzgebers dafür nicht aus.

Das Bundesverfassungsgericht ging damit weniger stark auf Gegenkurs zum Gesetzgeber als etwa der Bundesfinanzhof, über dessen Vorlage Karlsruhe unter anderem entschied. Wären Verfassungsrichter Chirurgen, würden sie von einem "minimalinvasiven Eingriff" im Steuerrecht sprechen und nicht von einer schweren Operation.

Der Zweite Senat hatte die Begründungen des Bundesfinanzministeriums für die Streichung der Entfernungspauschale zunächst wohlwollend abgeklappert. Doch am Ende kamen sechs der acht Richter mehrheitlich zu dem Ergebnis: Da ist nichts als der Sparzwang. Damit allein könne eine solche steuerrechtliche Regelung nicht gerechtfertigt werden. Nötig wären "Förderungs- und Lenkungsziele" wie verkehrs- und umweltpolitische Ziele. Beim Rauchverbot ist das Lenkungsziel beispielsweise der Gesundheitsschutz.

Übergeordnete rechtliche Gründe
Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) hatte für die Streichung der Pauschale ab 2007 schon in der mündlichen Verhandlung im September praktisch nur die Haushaltskonsolidierung als Rechtfertigung angeführt. Die Bundesregierung habe wegen des damaligen verfassungswidrigen und europarechtswidrigen Bundeshaushalts und der hohen Staatsverschuldung handeln müssen.

Richterin Lerke Osterloh - immerhin die Berichterstatterin des Senats in dem Verfahren - hatte daraufhin den Finanzminister gefragt, ob es außer fiskalischen Gründen - "also dem Zwang, zu sparen" - noch eine andere Begründung gebe. Darauf antwortete der Minister ziemlich ausweichend, es gebe "übergeordnete rechtliche Gründe", präzisierte diese aber nicht näher.

Wer nun glaubt, der Finanzminister habe hier fahrlässig eine Chance vertan, irrt allerdings. Denn selbst wenn er in der Verhandlung andere Gründe angeführt hätte, hätte dies wohl nichts mehr genützt. Denn entscheidend ist das, was im Gesetzgebungsverfahren vorgebracht wurde - und auch hier war es fast ausschließlich das Ziel der staatlichen Einnahmeerhöhung, wie das Verfassungsgericht in seinem 43-seitigen Urteil feststellte.

Das Gericht betonte auch, dass der Gesetzgeber keinen grundlegenden steuerrechtlichen "Systemwechsel" vorgenommen habe, der die Streichung der Kilometerpauschale rechtfertigen würde. Es sei keine "übergreifende Konzeption" erkennbar, sondern eine "widersprüchliche Verschränkung" unterschiedlicher Regelungsziele. Denn mit dem Einsatz der Pauschale ab 21. Kilometern als Härteregelung werde gerade die Wahl längerer Wegstrecken belohnt - und damit die Entscheidung für ein verkehrs- und umweltpolitisches "weniger erwünschtes Verhalten".