Fall Kardelen: Erzbischof und Landrat erleichtert über Festnahme

"Gute Nachricht für Mütter und Väter"

Mit Erleichterung haben der Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker und Landrat Manfred Müller auf die Festnahme von Kardelens mutmaßlichem Mörder reagiert. "Es ist beruhigend zu wissen, dass der Täter dieses verabscheuungswürdigen Verbrechens nun festgenommen werden konnte und den Richtern vorgeführt wird", sagte Becker am Mittwoch in der Paderstadt.

 (DR)

Müller betonte, die schnelle Festnahme sei eine gute Nachricht für alle Mütter und Väter. Bischof und Landrat dankten den deutschen und türkischen Ermittlern für ihren großen Einsatz.

Müller hob hervor, der Rechtsstaat habe in den vergangenen Tagen seine Funktionstüchtigkeit beeindruckend unter Beweis gestellt. «Der Mörder wird seine gerechte Strafe bekommen. Dafür sind Gerichte zuständig.» Den Eltern wünschte der Landrat viel Kraft dafür, die Trauer in den kommenden Wochen zu tragen und den Schmerz irgendwann zu überwinden. Der mutmaßliche Mörder war am Dienstagabend im Haus von Verwandten im Westen der Türkei verhaftet worden, wie die dortige Polizei mitteilte.

Erzbischof Becker betonte, vor allem den Eltern der Achtjährigen gelte das tiefe Mitgefühl und die Anteilnahme aller. «Wir denken aber auch an ihre Freunde und Mitschüler der Elisabethschule in Paderborn.» Es bleibe die Hoffnung, dass Gott dem Mädchen «Anteil an der Fülle des ewigen Lebens» schenke. Müller hob hervor, der «furchtbare Tod» von Kardelen habe im Kreis Paderborn «eine beispiellose Welle der Solidarität» ausgelöst. Die Menschen seien über alle Kulturgrenzen hinweg zusammengerückt. Das dürfe nicht verloren gehen, weil es die Welt menschlicher mache. «Das ist Kardelens Vermächtnis an uns.»

29-Jähriger wird nicht ausgeliefert
Der mutmaßliche Täter, ein Nachbar von Kardelens Familie, wurde nach Angaben der Staatsanwaltschaft am späten Dienstagabend in der Westtürkei festgenommen. Der entscheidende Hinweis zu der Festnahme kam den Ermittlern zufolge vom Schwiegervater des Tatverdächtigen. Mit einer Auslieferung von Ali K. nach Deutschland wird nicht gerechnet. Die türkischen Behörden wollten das Verfahren weiterführen, sagte Staatsanwalt Ralf Vetter am Mittwoch in Paderborn. K. hatte sich kurz nach der Tat in die Türkei abgesetzt.

Der Schwiegervater war seit Tagen auf der Spur von Ali K. gewesen und hatte ein Treffen mit ihm vereinbart. Der Gesuchte sei am Dienstagabend gegen 23.00 Uhr türkischer Ortszeit festgenommen worden, so die Paderborner Staatsanwaltschaft. Die Mordkommission in Paderborn stehe weiterhin in Kontakt mit dem Verbindungsbeamten des Bundeskriminalamtes (BKA) in Ankara und erwarte im Laufe des Tages die Mitteilung weiterer Details.

Nach dem türkischen Staatsbürger Ali K. war seit Anfang Februar mit internationalem Haftbefehl gefahndet worden. Die Leiche des Mädchens war Mitte Januar etwa 60 Kilometer von ihrem Wohnort entfernt am Möhnestausee im Sauerland gefunden worden. Sie wurde laut Obduktion und nach Auswertung von DNA-Spuren in der Wohnung des mutmaßlichen Täters in Paderborn, 30 Meter von ihrem Elternhaus entfernt, missbraucht und erstickt.

Nun soll auch die Frau von Ali K., die sich bei Verwandten in der Türkei aufgehalten hatte, vernommen werden. Auf diese Weise erhoffen sich die Ermittler nähere Einzelheiten darüber, wie die Leiche des achtjährigen Kindes vom Tatort in Paderborn zum Möhnesee im Sauerland gebracht wurde. Gegen die Frau von K. bestehe aber kein Tatverdacht, so die Staatsanwaltschaft. Auch gegen weitere Personen werde nicht ermittelt.

Kardelen war am 12. Januar von ihren Eltern als vermisst gemeldet worden. Am Tag ihres Verschwindens hatte das Mädchen am Mittag die Wohnung ihrer Eltern in Paderborn verlassen, um mit einer Freundin zu spielen. Etwa eine halbe Stunde später war sie zum letzten Mal gesehen worden.

Zwei Tage später hatten Zeugen an der Staumauer des Möhnesees im Sauerland die teilweise zerrissene Kleidung des Mädchens gefunden. Bei der anschließenden Suchaktion wurde die unbekleidete Leiche in einer Tannenschonung am Seeufer gefunden. Die Ermittler waren über eine am Fundort der Leiche entdeckte Visitenkarte eines türkischen Juweliers auf die Spur des Mannes gekommen.

Der 29-Jährige war zwei Tage nach der Tat mit seiner Frau vom Flughafen Köln-Bonn nach Izmir geflogen. Dort soll er sich Zeugenaussagen zufolge bis zum 30. Januar aufgehalten haben. Danach hatte sich zunächst seine Spur verloren.