Expertin warnt vor Tiktok-Trend mit Religion als Marketinginstrument

"Mittel zur Selbstdarstellung"

Die Sozialethikerin Linda Kreuzer kritisiert eine zunehmende Vermischung von Spiritualität, Selbstoptimierung und Schönheitsidealen in sozialen Medien. Viele Content-Creator nutzten religiöse Inhalte nicht aus echter Überzeugung.

Eine junge Frau filmt sich mit ihrem Handy für Social Media.  / © Asier Romero (shutterstock)
Eine junge Frau filmt sich mit ihrem Handy für Social Media. / © Asier Romero ( shutterstock )

In einem Interview mit gmx.net sagte die Wiener Sozialethikerin am Montag: "Influencer benutzen Religion, indem sie ihren angeblichen positiven Einfluss betonen." Diese Verkürzung beraube Religion ihrer eigentlichen sozialen und ethischen Dimension.

Viele Content-Creator nutzten religiöse Inhalte nicht aus echter Überzeugung, sondern als Mittel zur Selbstdarstellung, so Kreuzer.

"In den seltensten Fällen posten Influencer diesen Content aus Liebe zu Gott. Da steckt immer ein persönlicher Gewinn dahinter." Religion werde auf Tiktok und Instagram oft als Lifestyle-Element eingesetzt, um Follower zu binden, Produkte zu verkaufen oder die eigene Marke zu stärken.

Religion zur Selbstoptimierung?

Besonders kritisch bewertet Kreuzer den Trend, spirituelle Botschaften mit Fitness- und Beauty-Routinen zu verknüpfen. Manche Influencer suggerierten, dass Gebet, Disziplin und gesunde Ernährung automatisch zu einem "Glow Up" führten. 

Damit ist eine sichtbare Verbesserung des Aussehens gemeint. Religion werde so zu einem weiteren Werkzeug der Selbstoptimierung gemacht. Anstelle christlicher Werte wie Nächstenliebe oder gesellschaftlichem Engagement stehe häufig Abgrenzung und Gruppenidentität im Vordergrund, ebenso die Jagd nach Klickzahlen.

Religion als Identitätsmarker gewinne vor allem in Ländern an Bedeutung, die einen Hang zum Rechtspopulismus hätten, erklärte die Expertin. Dort seien auch Influencer aktiv, die rassistische, sexistische oder islamophobe Inhalte verbreiteten. "Da geht es unter anderem darum, 'christliche Werte' gegenüber einer erfundenen Bedrohung von außen zu schützen." Die Gefahr sei groß, dass insbesondere junge Menschen diese Inhalte nicht einordnen könnten.

Gleichzeitig beobachtet Kreuzer auch Gegenbewegungen. "Es gibt zum Beispiel viel mehr LGBTQIA+-Personen, die sich zu ihrer Glaubensüberzeugung äußern."

Social Media/Soziale Medien

Der Begriff Social Media beschreibt Webseiten und Apps, über die Nutzer Inhalte kreieren sowie teilen und sich vernetzen können. Zentrales Merkmal von Social Media ist die Interaktivität. Soziale Interaktion zwischen Nutzern sowie kollaboratives Schreiben prägen den Online-Dialog, die sogenannte Many-to-many-Kommunikation. Nutzer erstellen Inhalte (User Generated Content), über die ein permanenter, zeitlich unbegrenzter Austausch mit anderen stattfindet.

Symbolbild: Jugendlicher mit Handy / © Angelika Warmuth (dpa)
Symbolbild: Jugendlicher mit Handy / © Angelika Warmuth ( dpa )
Quelle:
KNA