Experten wenden sich gegen Belästigung von Kindern im Internet

Mahnungen zum "Safer Internet Day"

Im Kampf gegen sexuelle Belästigung von Kindern im Internet mahnt der Opferschutzverein Weißer Ring zum "Safer Internet Day" an diesem Dienstag, Bekanntschaften in der virtuellen Welt nicht sofort zu vertrauen.

Illustration Cybermobbing / © Julian Stratenschulte (dpa)
Illustration Cybermobbing / © Julian Stratenschulte ( dpa )

"Gerade im Netz ist nicht jeder der, der er zu sein vorgibt", erklärte die Bundesgeschäftsführerin des Weißen Rings, Bianca Biwer. "Oft geben sich Täter in Chatrooms oder in sozialen Netzwerken gegenüber Kindern und Jugendlichen als Gleichaltrige aus, um Vertrauen zu erschleichen."

Erwachsene nutzten das Internet, um Kinder und Jugendliche sexuell belästigen und missbrauchen zu können - durch Anmachen, Nacktbilder oder Einladungen zu persönlichen Treffen. Täter würden beim "Cybergrooming" einen Gesprächsbeginn "ganz bewusst unverfänglich gestalten und ihre minderjährigen Chatpartner beispielsweise nach deren Hobbies fragen", erklärte der Weiße Ring. Nachdem sie eine persönliche Beziehung aufgebaut hätten, leiteten sie nicht selten zu sexuellen Themen über.

Anonymität spielt Tätern in die Hände

"Die Möglichkeit des Internets, anonym zu bleiben und sich falsche Identitäten zu geben, spielt Tätern dabei in die Hände", so Biwer. Denn häufig merkten Minderjährige einen Identitätsbetrug nicht, sie fühlten sich von Komplimenten des Täters geschmeichelt. Dies könne dazu führen, dass sie intime Informationen und Bilder preisgäben. 

"Kinder befinden sich in einer Phase, in der sie geformt werden, wichtige Lebenserfahrung machen und besonders schutzbedürftig sind.

Leid, das ihnen in dieser wichtigen Entwicklungsphase zugefügt wird, kann zu massiver Traumatisierung führen", warnte Biwer. Der Weiße Ring appelliert deshalb an Eltern, mit ihrem Nachwuchs frühzeitig über Gefahren im Internet zu sprechen. Wenn Kindern unangenehme Inhalte zugingen, solle der Kontakt abgebrochen und möglicherweise die Polizei informiert werden.

Die Union hatte kürzlich Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) aufgefordert, mehr zum Schutz von Kindern und Jugendlichen zu tun. Auch der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, fordert mehr Schutz und mehr Anlaufstellen für Betroffene.

Diskussion um sichere Smartphones für Kinder

In der Diskussion um sichere Smartphones für Kinder geht es nach Auffassung des Bremer Medienpädagogen Markus Gerstmann zu oft um Technik und zu selten um Erziehung. Zum Schutz vor Darstellung von Gewalt und Pornografie im Netz seien Sicherheitseinstellungen auf dem Smartphone zwar hilfreich, sagte Gerstmann dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Noch wichtiger sind aber das Vorbild der Eltern und das Gespräch."

Technische Lösungen versprächen teils eine "trügerische Sicherheit", mahnte er. Im Betriebssystem von Apple etwa lasse sich eine Kindersicherung in den Einstellungen des Smartphones aktivieren, die beispielsweise die Nutzung bestimmter Apps einschränkt. "Die werden mit einem Code aktiviert, den sich Kinder aber sehr schnell abgucken oder über youtube-Tutorials knacken." In der Android-Welt laufe vieles über Apps wie "Kids Place", die darauf abzielten, eine für Kinder sichere Umgebung zu schaffen. "Aber auch da gibt es Pin-Nummern."

Gemeinsam Smartphone erschließen

Grundsätzlich seien Kinder neugierig auf die Welt, die ihnen das Smartphone erschließe, sagte Gerstmann. "Das machen ihnen ja auch Eltern und Erwachsene vor, die ständig mit ihrem Gerät hantieren." Wenn der Nachwuchs also den Sperr-Code geknackt habe, sollten Mütter und Väter das "sportlich" sehen und nicht persönlich nehmen. "Wichtig ist, über Gefahren offen zu reden, das Smartphone zusammen einzurichten und Apps gemeinsam zu erkunden. Am besten wächst man mit den Medien im Team auf und lernt voneinander."

Bedrohungen durch Cyber-Mobbing, Fake News, Cyber-Grooming und Inhalte mit Pornografie oder Gewalt seien vielfältig, betonte Gerstmann. Eltern sollten versuchen, ihre Kinder stark zu machen, damit sie bei Problemen selbst Lösungen finden könnten. "Kinder gehen ins Risiko und testen ihre Grenzen aus. Das gehört zu ihrer Entwicklung - wir werden sie nicht davon abhalten", sagte der Medienpädagoge. Auch wenn der Eindruck entstehe, Warnungen würden nicht gehört, sei es wichtig, dranzubleiben und miteinander zu sprechen. "Immer und immer wieder."

Wer darüber hinaus beim Essen Nachrichten schreibe oder auf seinem Smartphone wische, dürfe sich nicht wundern, wenn die Kinder das nachmachten. "Am besten ist es, Regeln zur Nutzung gemeinsam zu entwickeln. An die müssen sich dann aber auch alle halten." Weiter empfiehlt Gerstmann mehrere Internetseiten als virtuelle Elternratgeber, beispielsweise klicksafe.de, schau-hin.info und handysektor.de.


Quelle:
epd , KNA