Experten fordern staatliche Gremien zum Thema Missbrauch

Recht auf Akteneinsicht

Experten haben mehr Rechte für Betroffene von Missbrauch in der Kirche gefordert. Alle Betroffenen müssten ein "individuelles Recht auf Aufarbeitung" sowie Akteneinsicht haben, forderte Johannes Norpoth bei einer Veranstaltung.

Protest gegen kirchlichen Umgang mit Missbrauch / © Julia Steinbrecht (KNA)
Protest gegen kirchlichen Umgang mit Missbrauch / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Der Sprecher des Betroffenenbeirats der katholischen Deutschen Bischofskonferenz äußerte sich am Dienstagabend im Rahmen einer Diskussion der Katholischen Akademie in Bayern.

Johannes Norpoth / © Julia Steinbrecht (KNA)
Johannes Norpoth / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Opfer von Missbrauch müssten endlich als "Überlebende" wahrgenommen werden, "nicht als namenloses, waberndes Etwas". Auch die Aufarbeitungs-Kommissionen benötigten eine Rechtsgrundlage.

Kirchenrechtlier übt Kritk

Der Tübinger Kirchenrechtler Bernhard Anuth übte Kritik an der Praxis der internen Aufarbeitung: "Institutionen, die ihre Geschichte im Umgang mit sexuellem Missbrauch selbst aufarbeiten, finde ich immer problematisch."

Bernhard Sven Anuth (privat)
Bernhard Sven Anuth / ( privat )

Das gelte für die katholische Kirche, aber auch für Sportverbände oder andere Einrichtungen, sagte der stellvertretende Vorsitzende der "Kommission sexueller Missbrauch" in der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Staatlich bestellte Wahrheitskommissionen seien der einzig Erfolg versprechende Weg, betonte Anuth.

Knop wünscht "saubere Analysen"

Die Erfurter Dogmatikerin Julia Knop wünschte sich "saubere, theologische Analysen", in denen das Geschehene strukturiert aufgearbeitet werde. Die Kirche müsse sich ihrer Schuld und ihrer "sündigen Strukturen" bewusst werden, forderte die Theologin. Es reiche nicht, nur den einzelnen Täter zu entfernen. Das System Kirche habe "auch menschen- und lebensverachtende Züge, an die man ranmuss", sagte Knop.

Julia Knop / © Julia Steinbrecht (KNA)
Julia Knop / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Manuela Stötzel, Leiterin des Arbeitsstabs bei der Beauftragten der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, verwies darauf, dass Missbrauch in Schulen, Kirchen sowie Sport- oder Jugend-Einrichtungen weiterhin stattfände. Es müsse deshalb gelingen, "in die unmittelbar menschlichen Bereiche einzudringen und diese aufzuarbeiten", sagte Stötzel. In der katholischen Kirche seien das die Kirchengemeinden. Sie stünden vor einer großen Aufgabe, "da Täter das Umfeld natürlich manipulieren".

Staat muss Aufarbeitung von Missbrauch in Kirche übernehmen

Die SPD-Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag will bei der Missbrauchsaufarbeitung der Kirche den Staat stärker in die Pflicht nehmen. "Die Verantwortlichen in der Kirche haben es aus eigener Kraft nicht geschafft, die Missbrauchsfälle in ihren Reihen so aufzuklären, wie es aus Sicht der Opfer und der Öffentlichkeit angemessen gewesen wäre", heißt es in einem am Dienstag veröffentlichten Antrag, der der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) vorliegt. "Deshalb muss der Staat im Sinne seines partnerschaftlichen Verhältnisses zur Kirche diese Verantwortung jetzt übernehmen."

Symbolbild Missbrauch / © Harald Oppitz (KNA)
Symbolbild Missbrauch / © Harald Oppitz ( KNA )

 

Quelle:
epd