Experten befürchten für 2009 Rückgang der Kirchensteuern

Gute Bilanz - unsichere Prognose

Mit zwiespältigen Gefühlen starten die beiden großen Kirchen in Deutschland in das neue Jahr - zumindest, was das Thema Kirchensteuer anbelangt. Während die Einnahmen 2008 noch einmal kräftig gestiegen sind, stehen die Zeichen für 2009 weniger günstig.

Autor/in:
Joachim Heinz
 (DR)

Hauptgründe sind die Wirtschaftskrise und die Einführung der sogenannten Abgeltungssteuer. Die Rezession könnte die Zahl der Arbeitslosen erhöhen - und damit die der Kirchensteuerzahler senken. Und die neue Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge könnte zu einem Anstieg bei den Kirchenaustritten führen, um Abgaben zu sparen.

Bei konkreteren Prognosen tun sich die Experten schwer. Stattdessen versuchen sie es mit Aufklärung. "Es handelt sich nicht um eine neue oder zusätzliche Steuer, geändert hat sich lediglich die Art der Besteuerung", heißt es etwa bei der Deutschen Bischofskonferenz mit Blick auf die neuen Regelungen bei der Abgeltungssteuer.

Die neue Regelung tritt zum Jahreswechsel in Kraft. Bisher gab es eine unterschiedliche Besteuerung von Kapitalerträgen - dies wird jetzt vereinheitlicht. Auf Zinserträge, Dividenden und Kursgewinne sollen Banken pauschal 25 Prozent Steuern ans Finanzamt weiterleiten. Und falls der Steuerpflichtige katholisch oder evangelisch ist, sollen die Geldinstitute darüber hinaus die Kirchensteuer einbehalten, je nach Bundesland 8 oder 9 Prozent auf diese Abgeltungssteuer. Dazu muss aber der Steuerzahler der Bank mitteilen, welcher Konfession er angehört - und das wird wohl nicht jeder tun.

Der alte Weg bleibt offen
Weiterhin bleibt Kirchenmitgliedern auch der alte Weg offen, ihre Steuern auf Kapitalerträge, und damit auch den Kirchensteueranteil daran, zu deklarieren. Das bietet sich dann an, wenn ihr persönlicher Steuersatz unter 25 Prozent liegt. In diesem Fall können die Betroffenen wie bisher ihre Kapitalerträge in ihrer individuellen Steuererklärung angeben.

Nicht ganz sorgenfrei zeigt sich der Geschäftsführer der Steuerkommission des Verbands der Diözesen Deutschlands (VDD), Elmar Niclas, angesichts der Neuerungen. Denn erst ab 2011 soll beim Bundeszentralamt für Steuern eine Datei eingerichtet werden, die alle für die Abgeltungssteuer notwendigen Daten enthält - einschließlich der Angabe der Religionszugehörigkeit. Bis dahin - also für eine Übergangsphase von zwei Jahren - sind die Kirchen darauf angewiesen, dass Anleger gegenüber den Banken ihre Religionszugehörigkeit angeben. Und nicht wenige, so befürchten Fachleute, werden diese Gelegenheit dazu nutzen, auch formell ihren Austritt aus der Kirche zu erklären.

Problematische "Rabatte"
Die gegenwärtig schlechten wirtschaftlichen Prognosen dürften die Nachfrage nach solchen und ähnlichen "Steuersparmodellen" zusätzlich ansteigen lassen. Schon jetzt ist aus den Finanzabteilungen einiger Bistümer die Klage zu hören, dass einzelne Unternehmer oder andere Gutverdiener versuchten, für sich Sonderkonditionen bei der Kirchensteuer auszuhandeln - mitunter verbunden mit der unverhohlenen Drohung, dass man ja auch ganz austreten könne, wenn der Nachlass nicht gewährt werde.

Unter dem Gesichtspunkt der Steuersystematik und der Steuergerechtigkeit sind solche "Rabatte" problematisch, machen sie doch die Kirche erpressbar. Und so könnte mancher Bischof in Deutschland schon bald zum Leidens- und Schicksalsgenossen des Oberbürgernmeisters im benachbarten Rathaus werden, wo das Feilschen um Gewerbesteuer-Rabatte für Investoren schon seit Jahren zur "Standortpolitik" gehört.