Ex-Direktor der Finanzaufsicht im Vatikan befragt

"Kaum Kontakt zu Angeklagten"

Im Strafprozess zum Finanzskandal im Vatikan hat der angeklagte Ex-Direktor der Finanzaufsicht, Tommaso di Ruzza, Fehlverhalten auf seinem Posten zurückgewiesen. Ihm wird Veruntreuung und Amtsmissbrauch vorgeworfen.

Stapel von Geldmünzen und Geldscheinen spiegeln sich vor einer gezeichneten Kuppel des Petersdoms.  / © Julia Steinbrecht (KNA)
Stapel von Geldmünzen und Geldscheinen spiegeln sich vor einer gezeichneten Kuppel des Petersdoms. / © Julia Steinbrecht ( KNA )
Tommaso Di Ruzza / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Tommaso Di Ruzza / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

Auch erklärte er am Mittwoch, dass er zu den ebenfalls Angeklagten mehrheitlich keinen oder kaum Kontakt hatte. Sein Hauptkontakt sei stets der amtierende Substitut im Staatssekretariat, Edgar Pena Parra, gewesen. Auch betonte er die beschränkten Machtbefugnisse der Finanzaufsicht AIF, etwa mit Blick auf den Peterspfennig, die Kollekte der Weltkirche für den Vatikan und die Arbeit des Papstes. Di Ruzza wird Veruntreuung, Amtsmissbrauch und Verletzung des Amtsgeheimnisses vorgeworfen. Er war Ende 2019 ohne Nennung von Gründen von seinem Posten suspendiert worden.

Verluste von rund 270 Millionen Euro

Bereits beim vergangenen Prozesstag Anfang April hatte der Ex-Präsident Rene Brülhart bekräftigt, dass die AIF nie eine Aufsichtsrolle über das Staatssekretariat gehabt habe. Brülhart war externer Berater für das Staatssekretariat und zugleich Direktor der Finanzaufsicht. Ihm wird Amtsmissbrauch vorgeworfen. Wie bei Brülhart zogen sich die Befragungen von Di Ruzza über Stunden.

Finanzen im Vatikan

Als zentrale Leitungsbehörde einer weltweiten Organisation sowie als Träger karitativer Einrichtungen hat der Heilige Stuhl hohe laufende Kosten, die meisten davon für Personal. Die Einnahmen kommen aus sehr unterschiedlichen Quellen.

Dazu zählen im Vatikan die Gewinne der Vatikanbank IOR aus Gebühren und Zinsen sowie die an den Heiligen Stuhl abgeführten Gewinne des Vatikanstaates, etwa aus Eintrittsgeldern oder dem Verkauf von Briefmarken.

Stapel von Geldmünzen und Geldscheinen spiegeln sich vor einer gezeichneten Kuppel des Petersdoms.  / © Julia Steinbrecht (KNA)
Stapel von Geldmünzen und Geldscheinen spiegeln sich vor einer gezeichneten Kuppel des Petersdoms. / © Julia Steinbrecht ( KNA )

In dem Prozess geht es um finanzielle Unregelmäßigkeiten und Verluste von rund 270 Millionen Euro beim Erwerb einer Immobilie in London. Weitere Angeklagte sind Kardinal Giovanni Angelo Becciu und sein damaliger Sekretär Mauro Carlino. Beide haben in Befragungen bereits ihre Unschuld beteuert. Carlino bekräftigte, dass er als "Mann Gottes" nur Anweisungen befolgt habe.

Anfang Mai gibt es weitere Befragungen

Als weitere Angeklagte noch zu befragen sind die selbst ernannte Sicherheitsberaterin Cecilia Marogna, die italienischen Finanzmakler Enrico Crasso und Gianluigi Torzi, der Fondsmanager Raffaele Mincione, der Rechtsanwalt Nicola Squillace sowie Finanzvermittler Fabrizio Tirabassi. Nicht angeklagt, sondern Hauptzeuge, ist Alberto Perlasca, der als Verwaltungsleiter im Staatssekretariat bis 2019 Finanzaktionen übersah.

Ein besonderes Augenmerk liegt auf Becciu. Dieser hatte von 2012 bis 2018 als Substitut eine Schlüsselrolle in der Behörde. Unregelmäßigkeiten bei Überweisungen in Beccius Heimatbistum und an die dortige Caritas sowie Zahlungen an Marogna sind ebenfalls Thema im Prozess. Becciu werden Veruntreuung und Amtsmissbrauch sowie Verleitung zur Falschaussage vorgeworfen. Anfang Mai geht es weiter mit den Befragungen.

Quelle:
KNA