Evangelischer Buchpreis an Marlene Röder

"Ständig Fuck zu sagen, passt nicht zu mir"

Für ihr Buch "Zebraland" erhält die Gießener Schriftstellerin Marlene Röder in diesem Jahr den Evangelischen Buchpreis. Ihr zweiter Roman erzählt die Geschichte von vier Jugendlichen, die auf dem Heimweg mit dem Auto ein Moped rammen und Fahrerflucht begehen.

Autor/in:
Stefanie Walter
 (DR)

"Wir biegen um die Kurve. Dann. Plötzlich. Direkt vor uns. Philipp schreit. Das Geräusch bohrt sich in meinen Kopf." Auf dem Heimweg von einem Musikfestival geschieht ein schrecklicher Unfall. Vier Jugendliche überfahren mit ihrem Auto die Mitschülerin Yasmin, genannt Zebra. Das Mädchen scheint tot zu sein, die vier lassen sie am Straßenrand liegen, flüchten. Später erfahren sie, dass Yasmin erst auf dem Weg ins Krankenhaus starb.

"Zebraland" heißt das Jugendbuch der 27-jährigen Autorin Marlene Röder, für das sie am Mittwoch in Wuppertal den Evangelischen Buchpreis erhält. Sie ist in Mainz geboren, in Limburg aufgewachsen und studiert in Gießen. Dort schrieb sie das Buch, abends nach der Uni und in den Semesterferien. Vordergründig sei es eine packende Geschichte, ein Thriller, sagt Röder. Doch unterhalb der Oberfläche gehe es darum, wie die jungen Unfallverursacher mit ihrer "immensen Schuld" umgehen.

Sie schreibe gern für Jugendliche, "weil in der Teenagerzeit unheimlich viel passiert", erzählt Röder. Ihre Intention sei es, "eine gute Geschichte zu erzählen", doch wolle sie sich nicht bei den Jugendlichen anbiedern - etwa, indem sie ihre Sprache nachahmt: "Ständig 'Fuck' zu sagen, das passt nicht zu mir."

Auch wolle sie nicht als "Pädagogin" auftreten, meint Röder, die Kunst und Deutsch für das Lehramt an Förderschulen studiert. "Jugendliche reagieren empfindlich, wenn man ihnen etwas aufdrängt."

2007 erschien dann ihr erster Jugendroman
Mit 14 Jahren begann Marlene Röder zu schreiben, der erste Roman war mit 16 fertig. Er soll unveröffentlicht bleiben, erklärt sie schmunzelnd, "war aber eine gute Übung". 2007 erschien dann ihr erster Jugendroman "Im Fluss", eine Mischung aus Fantasy, Familiengeschichte und Gruselstory. Der Roman wird derzeit ins Französische übersetzt.

2009 kam "Zebraland" heraus. Der Verlag gibt ein Lesealter ab 12 Jahren an, doch Röder findet, dass erst 16-Jährige das Buch mit seinen tieferen Ebenen richtig verstehen können. So taucht zum Beispiel das Motiv des Zebras immer wieder auf: Röder will zeigen, dass die Welt nicht nur aus Schwarz und Weiß besteht. "Zebraland" steckt voller tiefgründiger Symbolik, mit Anspielungen auf die Zehn Gebote und biblische Geschichten.

Nach dem Unfall meldet sich ein heimlicher Mitwisser namens "Mose", der die vier Jugendlichen erpresst. Sie erhalten verschiedene Aufgaben: Anouk etwa soll sich als Kainsmal einen Kreis auf das rechte Handgelenk tätowieren lassen.

Ein neues Buchprojekt hat sie gerade begonnen
Autorin Röder ist evangelisch, singt im Gießener Gospelchor und geht gelegentlich in die Kirche. Doch sie würde sich nicht unbedingt als religiösen Menschen bezeichnen, sagt sie. "Ich finde es aber gut, wenn Menschen etwas haben, das sie trägt und hält."

Vom Schreiben allein möchte sie nicht leben, "auch wenn es im Moment ganz gut läuft". Etwa zwei Jahre braucht sie noch bis zum Studienabschluss; Röder will dann als Lehrerin arbeiten. Die Verbindung von beidem sei "bereichernd". Ein neues Buchprojekt hat sie gerade begonnen.

Am Mittwoch (19.05.2010) erhielt Marlene Röder den Evangelischen Buchpreis in der Gemarker Kirche in Wuppertal. Der Literaturpreis wird seit 1979 verliehen, seit 1998 im Wechsel für Kinder- und Jugendliteratur sowie Prosa für Erwachsene. Er ist mit 5.000 Euro dotiert. Zu den bisherigen Preisträgern gehören Kurt Marti, Rose Ausländer, Monika Maron, Bernhard Schlink, Kirsten Boie und Cornelia Funke.