In der evangelischen Kirche und der Diakonie starten in der kommenden Woche regionale Aufarbeitungskommissionen. Das kündigten die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und die Diakonie am Donnerstag in Berlin an. Insgesamt neun Kommissionen, die in regionalen Verbünden über landeskirchliche Grenzen hinweg errichtet wurden, werden demnach künftig die Zahl an Fällen sexualisierter Gewalt erheben sowie Strukturen analysieren. Auch sollen sie den Umgang mit betroffenen Personen evaluieren und Kirche und Diakonie zu notwendigen Maßnahmen beraten.
Die Studie über Missbrauchsfälle in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) sowie der Diakonie war im Januar 2024 von unabhängigen Forschern in Hannover vorgestellt worden. Darin wurden in kirchlichen Akten Hinweise auf 2.225 Betroffene und 1.259 Beschuldigte seit 1946 ausgemacht. Zudem stellte die Studie Kirche und Diakonie im Umgang mit Missbrauchsfällen ein schlechtes Zeugnis aus. Die Einrichtung der Kommissionen geht auf eine gemeinsame Erklärung der Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung, Kerstin Claus, der EKD und der Diakonie unter Mitwirkung des Beteiligungsforum Sexualisierte Gewalt in der EKD zurück. Diese wurde Ende 2023 unterzeichnet.
Fehrs: Wichtiger Schritt
Die EKD-Ratsvorsitzende, Bischöfin Kirsten Fehrs, betonte, der Start sei ein wichtiger weiterer Schritt in der konsequenten Aufarbeitung sexualisierter Gewalt. Sie sei dankbar für alle, die ihre Zeit und Expertise zur Verfügung stellten. So könnten präzise regionale Aspekte in den Blick genommen, Fälle systematisch erhoben und gezielte Empfehlungen ausgesprochen werden. Auch Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch begrüßte den Start.
In sieben der neun Verbünde werden die regionalen Kommissionen im Laufe des März und Aprils ihre Arbeit aufnehmen. Einen späteren Starttermin soll es im sächsischen Verbund geben, wo es noch größeren Abstimmungsbedarf mit den beteiligten Gruppen gibt. Auch im Verbund für Niedersachsen und Bremen komme es zu einer Verzögerung, da noch nicht alle künftigen Mitglieder für die Kommission feststünden.
In den Kommissionen sind Betroffene, Experten sowie Vertreter der Landeskirchen und Landesverbände der Diakonie vertreten. Auch in der katholischen Kirche gibt es entsprechende Strukturen, die Deutsche Bischofskonferenz hatte eine Vereinbarung bereits vor fünf Jahren unterzeichnet.