Evangelische Bischöfe: In Erfurt "rote Linie überschritten"

 (DR)

Die evangelischen Bischöfe in Ostdeutschland haben die Ministerpräsidentenwahl in Thüringen nachdrücklich kritisiert. "Die FDP- und CDU-Fraktion im Thüringer Landtag haben gestern eine rote Linie überschritten: Aus christlicher Sicht darf es keine Regierung unter Mitwirkung von Rechtspopulisten und Rechtsextremisten geben", heißt es in einer am Donnerstag gemeinsam veröffentlichten Erklärung.

Die "demokratisch gesinnten Fraktionen im Thüringer Landtag" sollten deshalb den Weg für Neuwahlen frei machen. Unterschrieben ist der Appell vom mitteldeutschen Bischof Friedrich Kramer, dem Berliner Bischof Christian Stäblein, Bischöfin Beate Hofmann von Kurhessen-Waldeck, Anhalts Kirchenpräsident Joachim Liebig sowie Nordkirchenbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt.

Der Wahlhergang "leistet antidemokratischen, fremdenfeindlichen und antisemitischen Positionen Vorschub und macht sie salonfähig", erklären die Geistlichen. "Für Christinnen und Christen aber hat jeder Mensch seine Würde. Aufgabe der Politik ist es nach Artikel 1 Grundgesetz, diese Würde zu wahren und zu verteidigen. Dies kann nicht gelingen, wenn mit Rechtsextremisten gemeinsame Sache gemacht wird."

Der Thüringer Landtag hatte den FDP-Politiker Thomas Kemmerich (54) mit den Stimmen von FDP, CDU und AfD am Mittwoch überraschend zum neuen Thüringer Ministerpräsidenten gewählt. Von den 90 abgegebenen Stimmen entfielen bei einer Enthaltung im dritten Wahlgang 45 auf Kemmerich und 44 auf den bisherigen Regierungschef Bodo Ramelow (Linke). Der Kandidat der AfD erhielt keine Stimmen.

Die Wahl stieß auch beim katholischen Erfurter Bischof Ulrich Neymeyr auf Skepsis. "Die Aufgabe eines Ministerpräsidenten besteht auch darin, das Land zusammenzuhalten. Das ist umso wichtiger, da die Gesellschaft in Thüringen nicht nur pluralisiert, sondern polarisiert ist". Ein Ministerpräsident müsse "für alle da sein", mahnte der Bischof. (kna)