Eva Menasse über ihr Jahr in der Villa Massimo

"Das Paradies ist eine Zumutung“

"Das Paradies ist kein Ort, an dem man bleiben kann“, sagt Eva Menasse gegenüber domradio.de. "Das Konzept des Paradieses ist, dass man immer dorthin will, und es nie kriegt – das Paradies ist ein Sehnsuchtsort und kein Wohnort“. Ein Jahr lang war die Bestsellerautorin Stipendiatin der Villa Massimo in Rom und sie sagt, sie habe über das Paradies als Zumutung zur Erlösung gefunden.

Eva Menasse / © Ekko von Schwichow
Eva Menasse / © Ekko von Schwichow

"Der preisgekrönte Künstler sitzt im Paradies und winselt nach der Schlange“, sagt Eva Menasse über ihr Jahr im Garten Eden der Villa Massimo. Sie habe sich wirklich von Grund auf neu zusammensetzen müssen, um zu überlegen, was sie dort eigentlich mit der geschenkten Zeit anfange? Schreiben? Italienisch lernen? Rom erforschen?  … "Wie fülle ich die Leere, die so ein großes Geschenk ist?“ Im Austausch mit den anderen acht Stipendiaten habe sie Erlösung gefunden, eine größere Freiheit zum eigenen Schreiben. "Alle Arbeitsabläufe und Routinen habe ich hinterfragt“, sagt sie. Das sei eine gnadenlose Selbstkonfrontation gewesen, die so unerträglich und erlösend gewesen sei wie das Paradies.

Literatur und Religion sind eng verwandt

Begriffe wie Paradies, Erlösung und Gnade benutzt die Autorin leichthändig und ohne Angst vor Pathos oder Kitsch. "Ich habe eher Angst vor dieser coolen Hipness, mit der man sich von diesen Begriffen heutzutage freispielen will und glaubt, man käme ohne sie aus.“ Literatur und Religion sieht sie in einer engen Verwandtschaft. "Literatur gibt nicht unbedingt viele Antworten aber sie hilft uns, die Fragen besser zu verstehen und hat damit mit der Religion vieles gemeinsam.“

Inspiration benötigt einen Landeplatz

Die Inspiration, von der ein Künstler lebe, sei mit der religiösen Inspiration durchaus vergleichbar, sagt die Autorin. "Inspiration ist: man geht jeden Tag zur selben Wiese und mäht sie, weil die Wiese der Helikopterlandeplatz für die Inspiration ist, und sie kommt nicht jeden Tag, aber man muss jeden Tag dorthin gehen, um den Platz schön gemäht zu halten, damit dieser Helikoper auch landen kannn, wenn er dann kommt", sagt Eva Menasse. Mit dem Glauben an Gott sei das ganz ähnlich. Man gehe jeden Sonntag in die Kirche und bete, habe aber bestimmt nicht immer die Verbindung zu Gott. "Und genau so ist das bei mir mit der Kreativität und Inspiration", erklärt die Autorin.