Europaparlament ehrt kubanischen Dissidenten mit Sacharow-Preis

Signal an die EU-Außenminister

Mit der Verleihung des diesjährigen Sacharow-Preises an den kubanischen Dissidenten Guillermo Farinas hat das Europaparlament am Donnerstag ein Zeichen gesetzt. Gerichtet ist es einerseits an die Öffentlichkeit weltweit und besonders an den Karibikstaat. Wahrgenommen werden soll es aber wohl vor allem auch von den EU-Außenministern.

Autor/in:
Christoph Lennert
 (DR)

Die EU-Außenminister werden am Montag über die Haltung der EU zu Kuba beraten. Und bei diesem Thema ging es in der Vergangenheit in der Runde der Außenamtschefs nicht immer unstrittig zu.



Vor allem Spanien und sein am Mittwoch aus dem Amt geschiedener Außenminister Miguel Angel Moratinos hatten immer wieder dafür plädiert, die Beziehungen zu Kuba zu normalisieren. Noch im Juni unternahm Moratinos unter spanischer EU-Präsidentschaft abermals einen Vorstoß, um die derzeit geltenden Sanktionen zu beseitigen - erfolglos. Die meisten EU-Staaten hätten die spanische Auffassung nicht geteilt, berichteten EU-Diplomaten aus der Sitzung. Gesichtswahrend wurde der Punkt auf die Zeit nach der Sommerpause vertagt. Offiziell hieß es, erst solle noch abgewartet werden, wie die Gespräche zwischen Kirche und Führung in Kuba zur Freilassung weiterer Dissidenten weitergingen.



EU wird wohl hart bleiben

Jetzt, am Montag in Luxemburg, steht Kuba wieder auf der Tagesordnung. Neue spanische Außenministerin ist seit Mittwoch die bisherige Gesundheitsministerin Trinidad Jimenez. Ob sie gleich bei ihrem ersten EU-Auftritt einen Stimmungsumschwung in der EU-Ministerrunde hin zur spanischen Position erreichen kann, darf bezweifelt werden. Wahrscheinlicher ist, dass die EU ihre bisherige Position fortschreibt.



Und die heißt: Sanktionen gegen den Karibikstaat bleiben bestehen, sie sind aber vorläufig ausgesetzt. Die Strafmaßnahmen waren 2003 nach einer Verhaftungswelle in Kuba verhängt worden. 2005 wurden sie vorläufig ausgesetzt. Es sah nach einer Normalisierung aus. 2008 gab es sogar wieder Gespräche auf Ministerebene. Spätestens nach dem Tod des kubanischen Dissidenten Orlando Zapata Tamayo Ende Februar kühlte das Verhältnis der EU zur Führung in Havanna aber wieder merklich ab.



Keine Normalisierung in Sicht

Die auch auf Vermittlung der Kirche erfolgte Freilassung mehrerer Dutzend politischer Häftlinge in diesem Sommer wurde zwar von der EU begrüßt. Besonders die Christdemokraten und Konservativen im Europaparlament warnten aber davor, darin ein Zeichen für eine veränderte Grundhaltung der kubanischen Führung zu sehen. Eine Normalisierung der Beziehungen zu mit Kuba dürfe es erst geben, wenn dort Demokratie und Rechtsstaatlichkeit Einzug gehalten hätten.



Von den beiden Fraktionen wurde Farinas für den diesjährigen Sacharow-Preis vorgeschlagen. In der Runde der Fraktionsvorsitzenden und des Europaparlaments-Präsidenten Jerzy Buzek fanden sie am Donnerstag in Straßburg auch eine Mehrheit. Geehrt wird deshalb im Dezember mit dem mit 50.000 Euro dotierten Preis der kubanische Journalist und Psychologe. Mit einem viermonatigen Hungerstreik hatte er in diesem Jahr für weltweite Aufmerksamkeit gesorgt - es war schon der 23. Hungerstreik des gesundheitlich angeschlagenen Dissidenten.



Offen, ob Farinas ausreisen darf

Farinas hatte ursprünglich als Soldat und Gewerkschaftsfunktionär die Linie der kubanischen Führung verfochten. Er schloss sich aber 1989 der Opposition an und gründete die unabhängige Nachrichtenagentur "Cubanacan Press". Die Organisation "Reporter ohne Grenzen" verlieh ihm 2006 für seinen Einsatz für freien Internet-Zugang auf Kuba ihren Menschenrechtspreis. Im gleichen Jahr erhielt er auch den Menschenrechtspreis der Stadt Weimar.



Schon 2005 war der Sacharow-Preis des Europaparlaments nach Kuba gegangen. Damals zeichneten die Europaabgeordneten die "Damen in Weiß" aus. Bei der Gruppe handelt es sich um Frauen, Mütter und Töchter von inhaftierten Regimegegnern, die jeden Sonntag friedlich gegen die Gefängnisstrafen ihrer Männer protestieren. Sie sind dabei in Weiß gekleidet, um die Unschuld ihrer Männer zu symbolisieren. Die "Damen in Weiß" durften nicht nach Straßburg reisen, um den Preis entgegenzunehmen. Es bleibt abzuwarten, ob Kuba mit Farinas in diesem Jahr anders verfährt.