Europäische Firmen erwerben in großem Stil fruchtbares Ackerland in Entwicklungsländern

Ausverkauf in Afrika

Immer mehr Konzerne kaufen oder pachten in großem Stil Ländereien in Entwicklungsländern, um dort Agrarbetriebe aufzubauen und die Erträge - zum großen Teil - zu exportieren. Investoren stammen aus der Finanzbranche, etwa die Deutsche Bank

Autor/in:
Isabel Guzmán
 (DR)

Immer mehr Konzerne kaufen oder pachten in großem Stil Ländereien in Entwicklungsländern, um dort Agrarbetriebe aufzubauen und die Erträge - zum großen Teil - zu exportieren. Investoren stammen aus der Finanzbranche, etwa die Deutsche Bank.

Zwischen Nairobi und Stockholm sind es fast 7.000 Kilometer Luftlinie, aber Philip Kiriro ist es die Reise wert. Der kräftige Kenianer ist der Präsident des Ostafrikanischen Bauernverbandes, und er ist zornig. Jetzt hat er Gelegenheit, sich den Europäern mitzuteilen. "Wenn eine ausländische Firma bei uns riesige Landflächen kaufen will, geht das einfacher, als wenn ein heimischer Bauer seinen Hof erweitern möchte", klagt er.

Kiriro ist zu den Europäischen Entwicklungstagen gekommen, einer dreitägigen von der EU organisierten Konferenz. Als er spricht, drängen sich die Zuhörer im Saal. Denn es geht nicht um einen Einzelfall: Immer mehr Konzerne kaufen oder pachten in großem Stil Ländereien in Entwicklungsländern, um dort Agrarbetriebe aufzubauen und die Erträge - zum großen Teil - zu exportieren.

Das beste, fruchtbarste Land
Mindestens zwei Millionen Hektar haben ausländische Investoren zwischen 2004 und 2009 allein in Äthiopien, Ghana, Madagaskar und Mali erworben. Das zeigt eine Studie des britischen Forschungsinstituts "International Institute for Environment and Development" (IIED). "Prozentual mag das nicht viel erscheinen, aber häufig handelt es sich um das beste, fruchtbarste Land", unterstreicht IIED-Direktorin Camilla Toulmin.

Auch europäische Firmen sind unter den Käufern. "Bisher war meist von asiatischen Investoren die Rede", sagt Toulmin. "Aber das ist ein falsches Bild." In Madagaskar werden 19 Prozent des aufgekauften Landes von Asiaten, elf Prozent von Nahost-Investoren kontrolliert. Stolze 70 Prozent wurden von europäischen Unternehmen gekauft.

Viele Investoren stammten aus der Finanzbranche, etwa die Deutsche Bank, so Henk Hobbelink von der internationalen Entwicklungsorganisation GRAIN. Auch Regierungen sind in kleinerem Umfang aktiv. Das Interesse gilt sowohl dem Wert des Landes an sich als auch der Lebensmittelproduktion: Die neuen Besitzer bauen Getreide, Reis oder Zuckerpflanzen an oder halten Nutztiere. Einige Erzeugnisse werden zu Biosprit verarbeitet.

"Land ist die wertvollste Ressource, die es gibt"
"Neuer Kolonialismus" sei das, hört man bereits von Kritikern. Doch bei aller Beunruhigung warnen die IIED-Experten vor Hysterie. Je nach Konzept könnten die Investitionen die Armut verschärfen oder aber zur Verbesserung des Lebensstandards beitragen: "Die Investoren können Kapital, Technologien, Know-how, Infrastruktur und Marktchancen mitbringen", so ihre Studie.

Ebenso könne es aber zu Nahrungsmittel-Engpässen und Vertreibungen kommen, unterstreicht das IIED. Die Verträge müssten deshalb transparent ausgehandelt werden und Verpflichtungen enthalten. Dafür brauche es starke Gesetze. "Es ist wichtig, dass wir korrekt informiert werden", sagt Bauernvertreter Kiriro. Die Diskussion räumt seine Sorgen nicht unbedingt aus: "Die ausländischen Firmen garantieren nicht dafür, dass die Einheimischen genug zu essen haben", erklärt er stirnrunzelnd.

Noch skeptischer ist Akin Adesina, Agrarökonom aus Nigeria. "Land ist die wertvollste Ressource, die es gibt", sagt er. Angesichts des Klimawandels hält er es für grundlegend falsch, in Entwicklungsländern auf Monokulturen zu setzen. Dass die afrikanischen Regierungen sich für die einheimischen Bauern einsetzten, sei nicht gesagt: "In Europa werden die Bauern politisch verhätschelt, in Afrika werden sie völlig allein gelassen."