EuGH urteilt über betriebliches Kopftuchverbot

Keine unmittelbare Diskriminierung

Wenn eine Bekleidungsregel eines Unternehmens das Tragen religiöser, weltanschaulicher oder spiritueller Zeichen verbietet und es für alle Arbeitnehmer gleichermaßen gilt, stellt es keine Diskriminierung dar. Das entschied der EuGH.

Junge Frau mit Kopftuch / © Tero Vesalainen (shutterstock)
Junge Frau mit Kopftuch / © Tero Vesalainen ( shutterstock )

Eine Bekleidungsregel eines Unternehmens, die das sichtbare Tragen religiöser, weltanschaulicher oder spiritueller Zeichen verbietet, stellt keine unmittelbare Diskriminierung dar, wenn sie für alle Arbeitnehmer gleichermaßen gilt. Das entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag. Hintergrund war der Rechtsstreit einer Muslimin in Belgien, die wegen ihres Kopftuchs einen Praktikumsplatz verweigert bekam. Auch das Angebot der Frau, eine andersartige Kopfbedeckung zu tragen, lehnte das Unternehmen ab. Die deutsche Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, begrüßte das Urteil.

Verbot des Zeigens religiöser Überzeugungen

Wie das Gericht in Luxemburg ausführte, bedeutet das Verbot des Zeigens religiöser oder weltanschaulicher Überzeugungen in einer betrieblichen Ordnung dann keine unzulässige Einschränkung der Religions- und Gewissensfreiheit, wenn sie "allgemein und unterschiedslos" angewandt wird. Allerdings könne es zu einer mittelbar auf der Religion oder der Weltanschauung beruhenden Ungleichbehandlung kommen - dann nämlich, wenn die scheinbar neutrale Verpflichtung dazu führe, dass "Personen mit einer bestimmten Religion oder Weltanschauung in besonderer Weise benachteiligt werden". Auch in diesem Fall könne jedoch eine Ungleichbehandlung sachlich gerechtfertigt sein. Die Notwendigkeit müsse der Arbeitgeber nachweisen.

Schutz von Religion und Weltanschauung

Der EuGH betonte weiter, das Unionsrecht verwehre es nationalen Gerichten nicht, bei der Beurteilung einer solchen mittelbaren Diskriminierung den Schutz von Religion und Weltanschauung stärker zu gewichten als die unternehmerische Freiheit, soweit sich dies aus seinem innerstaatlichen Recht ergebe.

Die Antidiskriminierungsbeauftragte Ataman sagte in Berlin, pauschale Verbote einzelner religiöser Symbole am Arbeitsplatz seien laut dem EuGH-Urteil weiterhin nicht erlaubt. Unternehmen, die dennoch religiöse Symbole wie Kreuze, Kippa oder Kopftuch verbannen wollten, müssten hohe Hürden beachten "und letztlich alles Religiöse verbannen - vom Kreuz über das Kopftuch bis zur Weihnachtsfeier", erklärte Ataman. "Religiöse Vielfalt am Arbeitsplatz ist gelebte Realität in unserem Land. Ich bin froh, dass viele Unternehmen in Deutschland das genauso sehen - und in Vielfalt kein Problem sehen, sondern eine Bereicherung", so die Bundesbeauftragte.

Das Kopftuch

Das Kopftuch von Musliminnen gehört zu den meistdiskutierten Symbolen islamischen Glaubens. Für die einen ist es Zeichen der Unterdrückung der Frau im Islam, für die anderen Ausdruck der Religionsfreiheit und der weiblichen Selbstbestimmung.

Muslimische Frau mit Kopftuch  / © Wolfgang Kumm (dpa)
Muslimische Frau mit Kopftuch / © Wolfgang Kumm ( dpa )
Quelle:
KNA