Ethikrat-Votum führt zu neuer Diskussion über Stammzellen - Bischofskonferenz warnt: Ziel muss Embryonen-Schutz sein

Ethikrat uneins bei Stammzellgesetz

Die Vorschläge des Nationalen Ethikrates zur Stammzellforschung haben eine neue Debatte über das deutsche Stammzellgesetz ausgelöst. Dabei zeichnete sich am Dienstag ab, dass die Regelungen auch innerhalb der Fraktionen nicht einheitlich bewertet werden. Der Bundestag will nach der Sommerpause über das 2002 verabschiedete Gesetz debattieren.

 (DR)

Die forschungspolitische Sprecherin der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Ilse Aigner (CSU), sagte der "Berliner Zeitung" (Dienstag), sie halte die von der SPD vorgeschlagene Verschiebung des Stichtags auf ein späteres Datum für einen denkbaren Kompromiss. Der CDU-Politiker Michael Kretschmer sprach sich in der "Frankfurter Rundschau" dafür aus, der Mehrheit des Ethikrats zu folgen und den Stichtag generell abzuschaffen. Ihr Fraktionskollege Hubert Hüppe (CDU) sagte dagegen, die Verschiebung oder Abschaffung des Stichtags sei nicht tragbar, weil damit die Tötung von Embryonen gefördert werde. Genau so hatte sich am Montag auch die Deutsche Bischofskonferenz geäußert.

"Aushöhlung des ethisch-moralischen Fundaments"
Neun Mitglieder des Ethikrats, darunter die Vertreter der katholischen Kirche, warnen vor einer Liberalisierung. Sie werde zu einer Aushöhlung des ethisch-moralischen Fundaments des 2002 verabschiedeten Stammzellgesetzes führen. Zudem sei eine Änderung des Gesetzes nicht nötig, weil nach wie vor keine wirksamen Therapien mit Hilfe menschlicher embryonaler Stammzellen in Sicht seien. Ein weiteres Mitglied des Ethikrates befürwortet die Beibehaltung der gegenwärtigen Regelungen und eine Verschiebung des Stichtags auf ein zurückliegendes, jüngeres Datum.

Nach dem am 1. Juli 2002 in Kraft getretenen Stammzellgesetz dürfen nur solche Stammzellen nach Deutschland importiert werden, die vor dem 1. Januar 2002 gewonnen wurden. Weitere Voraussetzungen sind, dass die Zellen aus so genannten überzähligen Embryonen gewonnen wurden, es sich um hochrangige Forschungsvorhaben handelt und die Erkenntnisse nicht auf anderem Wege gewonnen werden können. Genehmigt werden müssen die Forschungsvorhaben vom Berliner Robert-Koch-Institut. Wissenschaftler, die sich nicht an das Gesetz halten, müssen mit hohen Strafen rechnen.

Befürworter: Möglichkeiten ausweiten
Die Befürworter einer Liberalisierung plädieren zudem dafür, die gesetzlichen Möglichkeiten der Stammzellforschung auszuweiten. Import und Verwendung embryonaler Stammzellen sollten nicht nur für die Forschung, sondern auch zum Zweck der Diagnose und Behandlung von Krankheiten zulässig sein. Die zehn Mitglieder des Ethikrates verweisen aber darauf, dass sie die Schutzziele des Gesetzes weiter erhalten wollen.

So müsse auch weiter vermieden werden, dass aus Deutschland Anreize für eine Vernichtung von menschlichen Embryonen gegeben würden. Dazu solle aber nicht mehr eine unpraktikable Stichtagsregelung dienen, sondern eine Einzelfallprüfung. Die Genehmigungsbehörde müsse feststellen, dass die Herstellung der betreffenden Zelllinien weder vom Antragsteller selbst veranlasst noch sonst von Deutschland aus bewirkt wurde. Grundsätzlich sollten auch nur embryonale Stammzellen importiert und verwendet werden dürfen, die von allgemein zugänglichen Stammzellbanken ohne Absicht der Gewinnerzielung abgegeben werden. Die Verwendung von embryonalen Stammzellen, die zu kommerziellen Zwecken hergestellt worden sind, sollte ausgeschlossen sein, heißt es in dem Votum.

Die Strafvorschriften des Stammzellgesetzes sind nach Auffassung der Befürworter der Liberalisierung überflüssig: Jede von Deutschland aus erfolgende Beteiligung am Verbrauch extrakorporal erzeugter Embryonen im Ausland sei ohnehin nach dem Embryonenschutzgesetz strafbar. Das Stammzellgesetz sollte nach ihrer Meinung lediglich regeln, wie Verstöße gegen die Genehmigungsvoraussetzungen zu ahnden sind; dafür sei das Ordnungswidrigkeitenrecht das angemessene Mittel.