Ethikrat fordert gesetzlichen Rahmen für Biobanken

Forschungsboom und Datenschutz

Der Deutsche Ethikrat drängt auf gesetzliche Regelungen für Humanbiobanken im Bereich der Forschung. Es sei notwendig, vorhandene Proben und damit verknüpfte personenbezogene Daten rechtlich zu schützen, heißt es in einer aktuellen Stellungnahme des Ethikrats zum Thema "Humanbiobanken für die Forschung".

 (DR)

Manch einen Blutspender hat die Frage vielleicht schon unverhofft erwischt: «Dürfen wir Ihr Blut auch für Forschungszwecke verwenden?» Die Blutproben kommen dann in sogenannte Humanbiobanken. Diese Einrichtungen erfassen und speichern zu Forschungszwecken menschliches Körpermaterial wie Blut, Sperma und Gewebe zusammen mit personenbezogenen Daten und Gesundheitsinformationen des Spenders. Solche Sammlungen helfen bei der Erforschung zahlreicher Krankheiten wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Demenz und Krebs.

Identifizierbarkeit von Spendern
Seit einigen Jahren boomen die Biobanken national wie international. Damit einhergehen allerdings zunehmend ethische und datenschutzrechtliche Fragen. Problematisch sind etwa die Identifizierbarkeit von Spendern und die wachsende Vernetzung und Kommerzialisierung der Daten sowie deren Nutzung durch Dritte außerhalb der Forschung. Der Deutsche Ethikrat drängt daher auf gesetzliche Regelungen für Forschungs-Biobanken. Denn das im Februar in Kraft getretene Gendiagnostikgesetz klammert diesen Bereich aus. In seiner am Dienstag in Berlin vorgelegten Stellungnahme mahnt das Gremium nun einen rechtlichen Schutz für Proben und Daten an und fordert die Einführung eines «Biobankgeheimnisses».

Bereits 2004 hatte sich der damalige Nationale Ethikrat mit dem Thema befasst und in einer Stellungnahme vor allem auf die Einwilligung der Spender abgehoben. Nach einer Anhörung 2008 beschloss das Gremium, diese Fragen erneut auf seine Agenda zu setzen. Angesichts massiver Ausweitungen von Biobanken und den dort gespeicherten Daten sei eine Überarbeitung der Stellungnahme dringend erforderlich.

Fünf-Säulen-Konzept
In der jetzigen, einstimmig verabschiedeten Stellungnahme empfiehlt das Gremium ein Fünf-Säulen-Konzept. Zentraler Baustein ist dabei eben das Biobankgeheimnis. Es soll garantieren, dass die Proben und die damit verknüpften personenbezogenen Daten vor dem Zugriff Dritter außerhalb der Forschung geschützt sind. Dabei sieht der Ethikrat eine Schweigepflicht und ein Zeugnisverweigerungsrecht für Betreiber, Mitarbeiter und Nutzer von Biobanken vor, analog zu den bestehenden Regelungen für Ärzte.

Beobachter sind allerdings skeptisch, ob das Bundesinnenministerium solch ein Zugriffsverbot für den Staat nicht als Einschränkung der Strafverfolgungsmöglichkeiten ablehnt. Ethikrat-Mitglied Regine Kollek räumte ein: «Die Stellungnahme wird sicherlich einige rechtsstaatliche Diskussionen nach sich ziehen.» Denkbar sei, den staatlichen Zugriff auf die Daten-Sammlungen bei der Aufklärung sehr schwerer Straftaten freizugeben, etwa im Rahmen einer Rasterfahndung. Für die Behörden könnten die Sammlungen nicht zuletzt deshalb interessant sein, da die Biobanken zu den Materialproben inzwischen zunehmend soziodemografische Daten, genetische Informationen und Angaben zum Lebensstil des Spenders speichern. Denn Biobanken brauchen heute gut eingespielte Computer-Netzwerke mindestens so sehr wie Sammlungen von Tausenden Reagenzgläsern.
Öffentlich zugängliches Biobankregister
Weitere Punkte des Fünf-Säulen-Schutzkonzepts: die jeweilige Festlegung der Nutzung von Biobankmaterial und Daten durch den Spender, die Einbeziehung von Ethikkommissionen sowie Qualitätssicherung und Transparenz. Letzere umfasst neben einer vollständigen Forschungsdokumentation auch die regelmäßige Veröffentlichung der Biobank-Aktivitäten sowie die Einrichtung eines öffentlich zugänglichen Biobankregisters. Derartige Online-Datenbanken wie etwa das Deutsche Biobanken Register sind derzeit allerdings erst noch im Aufbau.

Die jetzt vorgeschlagene Regelung soll für alle Materialsammlungen gelten, die Erbsubstanzen enthalten, Forschungszwecken dienen und elektronisch mit gesundheitsbezogenen Informationen des Spenders verknüpft sind. Ausnahmen sind vorgesehen für kleine, thematisch und zeitlich eng begrenzte Sammlungen, die keine Weitergabe von Proben und Daten zu anderweitiger Verwendung vorsehen. Hier reichen nach Ansicht des Ethikrats die bestehenden datenschutzrechtlichen Regelungen aus.